ALLES ZURÜCK AUF ANFANG
Morgen geht es los - Rückzug ins alte Europa, Heimreise ins gelobte Bayernlande. Vieles werde ich vermissen, vieles lasse ich gerne hinter mir. Und trotzdem: War ganz schön hier.
Mittwoch, 18. März: Es geht ans Koffer packen. Aufbruchstimmung macht sich breit und der Ruf der Ferne lässt einen unruhig werden. Die Gefühle sind zwiespältig - einerseits freut man sich wieder auf zuhause, andererseits geht man ungern. Schließlich lässt man jemanden zurück, den man eigentlich lieber bei sich weiß - Flo.
Seelisch habe ich mich auf die Heimat bereits vor ein paar Tagen eingestellt, als ich mir Aufnahmen von Webcams aus München ansah. Dort war es halb sieben am Abend, die Sonne stand tief und wollte gerade ungesehen hinterm Horizont verschwinden. Auf den Dächern der Stadt lagen vereinzelt noch ein paar erbärmliche Häufchen Schnee.
Die Leute aus der alten Welt, mit denen ich hier regelmäßig kommuniziere erzählen mir, das langsam der Frühling die Sommersaison eröffnet. Mit den momentanen Temperaturen hier in Arizona, die wir in Deutschland gerade mal zu den Hochzeiten im Juli erreichen ist das, was uns in der Heimat erwartet allerdings nicht zu vergleichen.
Zwei Wochen Arizona sind allerdings noch lange nicht Amerika. Das muss jetzt mal gesagt werden, denn es steht mir nicht zu dieses Land generell schlecht zu reden, wenn ich nur in einem Bundesstaat war. Das wäre ja so, als würde ein Amerikaner nach Bayern fahren und sich hernach ein Bild von Europa machen.
Amerika ist riesig und mit zwei Wochen Urlaubszeit an ein und demselben Ort entdeckt man halt nur einen kleinen Teilaspekt dieses Landes. Man findet bestimmt auch die fantastische Seite, wenn man sich nur genügend Zeit nimmt. So bringt jeder Bundesstaat eigene Gegebenheiten mit sich und z.B. die Menschen an der Westküste oder auch die in den Ballungsgebieten an der Ostküste zeigen gewiss eine ganz andere Mentalität. Das ist ja bei uns nicht viel anders: Ein Franzose ist nicht wie ein Italiener. Und ein Italiener ist nicht wie ein Deutscher. Darum stimmt es nicht, wenn man behauptet die Staaten seien langweilig oder als Urlaubsland total gaga. Ich habe halt nur Arizona gesehen. Es ist hier schön, um faul in der Sonne zu liegen. Es ist hier auch ganz schön, um Ausflüge ins Umland zu machen. Aber der Menschenschlag hier in Arizona macht auf mich den Eindruck, als seien sie in den Zeiten des Wilden Westens fest gesteckt.
Nun sitze ich hier unter der Ramada, meine Schwester liegt am Pool und liest, Flo sitzt hinter mir, macht die Flugplanung für den morgigen Tag und ich tippe diese paar Zeilen. Wir genießen den letzten Tag vor unserer Abreise - heute keine Malls mehr, heute keine dicken Amerikaner kucken, heute keine Tour mehr in die Wüste. Nur noch entspannen und die letzten Stunden zusammen in Goodyear verbringen.
Zwei Wochen Wahnsinn und wie schnell gingen sie vorbei. Aber mit der Zeit im Urlaub ist das immer so. Hat man sich erst einmal an die örtlichen Gegebenheiten gewöhnt und an die hiesigen Umstände angepasst, so geht es schon wieder zurück nach Hause. Und ich freue mich.
Ich freue mich, nicht an jedem Haus Stars & Stripes sehen zu müssen. Nationalstolz ist ja ganz nett aber das ist zuviel des guten. Ich freue mich auf normal große Autos und auf ordinäres Schwarzbrot. Überhaupt freue ich mich auf echtes Essen und auf Distanzen - ausser vielleicht dem Weg zum Klo und zum Frühstück - die ich zu Fuß zurück legen kann. Aber allen voran freue ich mich auf normal beleibte, vernünftig gekleidete Menschen.
Die Koffer sind gepackt, letzte Fotos wurden geschossen, es geht ab in die Heimat. Meine Reiseberichte enden hiermit. Für mich war einerseits die Erfahrung interessant, dieses Land selbst einmal erlebt zu haben, über das so viele reden und die wenigsten wirklich kennen - ich eingeschlossen. Andererseits habe ich mit dieser Reise zum ersten mal eine neue Form der Reportage für mich testen können: der Online-Berichterstattung ohne Zeitverzögerung in Wort & Bild mit Hilfe des Internets als Kommunikationsplattform.
Und so noch ein paar eilige Worte an die Welt da draussen, an die Leute vor den Computermonitoren und potentielle Arizona-Touristen:
Wenn ihr noch nicht auf Bali, Zypern oder Korsika, noch nicht in Jugoslawien, Ägypten, Japan, Irland oder im Bayerischen Wald gewesen seid, dann fahrt doch erst mal dorthin. Arizona hat sicherlich etwas ganz besonderes. Ich habe es allerdings nicht gefunden. Naturfreunde kommen hier bestimmt auf ihre Kosten, Menschen mit dem Drang zur Superlative auch. Und Leute, die mit dem hiesigen Way of Life liebäugeln sowieso.
Das Land ist groß, das Land ist weit. Viele viele tolle Dinge kommen aus Amerika. Und viele viele schöne Dinge gibt es hier auch. Aber - und das muss jetzt bitte unter uns bleiben: Frankreich ist schöner.