DANKE FÜR IHRE KOOPERATION
Angekommen! Endlich. 11 Stunden Flugzeit und zigtausende Kilometer liegen hinter uns. Und stellenweise hatten wir das Ziel aus den Augen verloren. Nun, jetzt sind wir also hier in der “God blessed Nation”. Da sind wir aber mal gespannt.
Freitag, 05. März: Meine Gedanken sind noch etwas durch den Wind und es wird wohl noch ein paar Tage dauern, bis ich mich an die Umgebung hier gewöhnt habe. Durch die Zeitumstellung und die Nachwehen der Reise bin ich mental noch nicht ganz auf der Höhe und meine innere Uhr läuft ein wenig verkehrt. Aber das wird noch.
Donnerstag um viertel nach 12 gings von München aus los. Nachdem wir das Gepäck aufgaben und uns von unseren Eltern verabschiedeten, machten wir uns bereit zum “Bording.” Was nun folgte, war eine Serie sicherheitsrelevanter Checks, die ich in dieser Konzentration noch nicht erlebt habe - eine unglaubliche Odyssey. Auf deutschem Boden fing es noch ganz harmlos an. “Hatten sie in den letzten 24 Stunden direkten Kontakt mit Tieren aus einer Massenzucht?” Haha, die Dame hinterm Schalter war lustig - nein, hatte ich nicht. Dann kam die erste Sicherheitskontrolle. Schuhe ausziehen, Mantel und Jacken abgeben, Taschen aufmachen, Notebook auspacken, alles in die Röntgenröhre, ich durch den Metalldetektor, noch mal von einem Beamten mit einem Hand-Metalldetektor überprüft und von Hand gefilzt werden, Notebook wieder in die Tasche, Mantel und Schuhe wieder an - auf Wiedersehen. Auf dem Weg zu unserem Gate vertrauenserweckende Durchsagen: “Meine Damen und Herren. Aufgrund der erhöhten Sicherheitskontrollen für Flüge in die Vereinigten Staaten bitten wir sie, sich rechtzeitig an ihrem Gate einzufinden. Vielen Dank.”
Auf dem Weg dorthin dann die zweite Kontrolle. Also wieder Schuhe ausziehen, Mantel und Jacken abgeben, Taschen aufmachen, Notebook auspacken, alles in die Röntgenröhre, ich durch den Metalldetektor, noch mal von einem Beamten mit einem Hand-Metalldetektor überprüft werden, sich von Hand filzen lassen, Notebook wieder in die Tasche, Mantel und Schuhe wieder an - und dann, HALT!! - nicht auf Wiedersehen, sondern ein paar ganz persönliche Fragen. Was ich denn in den Vereinigten Staaten mache, wen ich dort besuche, wohin und überhaupt, warum ich denn dorthin wolle. Ob jemand zwischen der ersten und dieser Kontrolle zugang zu meinem Handgepäck hatte und ob ich in den letzten 24 Stunden direkten Kontakt mit Tieren aus einer Massen... haha, noch so ein Scherzkeks. Allmählich kam ich ins schwitzen. Aber zunächst nur vom ewigen Schuh aus, Schuh anziehen.
Als wir dann endlich vor unserem Gate warteten und ich mich umblickte, viel mir etwas auf: Ich sah keinen Fluggast mehr mit typisch “ausländischen” Merkmalen, wenn man das so bezeichnen will. Der letzte Mensch augenscheinlich arabischer Herkunft blieb bereits an der zweiten Sicherheitssperre im Münchner Flughafen hängen, wie er zehn Minuten lang einem BGS-Beamten einfühlsam zu vermitteln versuchte, warum er einen roten Schlüsselanhänger mit integrierter Lampe nach Amerika einführen möchte. Kein Witz.
Nun ging es endlich an Bord unserer US-Airways Maschine. Wir starteten bei Nebel und diesigen Wetterverhältnissen. Ein Wetter, das man gerne hinter sich lässt. Alles in allem war der Flug teils angenehm - teils ziemlich ruppig. Allen voran war er definitiv zu lang - so was nagt an der Konstitution und an der Physis. Ab einer gewissen Flugdauer verschwindet das Zeitgefühl und man kann nur noch anhand der Filme, die gezeigt werden erahnen, wie viele Minuten bereits vergangen sind. Normalerweise halten einen die Informationen auf den Anzeigen in den Flugkabinen auf dem laufenden - Höhe, Geschwindigkeit, Route und wo in etwa man sich auf dieser Welt gerade befindet. Auf amerikanischen Flügen - zumindest auf diesem hier von US-Airways gibt es so etwas nicht.
Was amerikanische Fluglinien auch nicht kennen ist vernünftiges Essen. Das Hauptgericht war in Ordnung aber alles darüber hinaus war für die Tonne. Statt einem Joghurt, einem Pudding oder vielleicht sogar Obst gab es “Snacks” - und das immer und generell zu allem. Pretzels, Saltsticks, Happy-World Gourmet Nacho-Mix, hier mal ein Kit-Kat, da mal einen Keks, alles schön brav portioniert in 25 Gramm kleine Päckchen; Low-Fat oder - besser noch - 100% Fat-Free. Am Ende der Reise hatte ich ein höchst unheimliches Surrogat aus Salzstangen, dem letzten Party-Knabberspaß und Cola in meiner Magengrube, der damit überhaupt nicht einverstanden war.
Wir landeten in Philadelphia. Bis hierhin waren wir noch frohen Mutes aber das änderte sich alles ganz ganz schnell, als wir Bekanntschaft mit einer gar fabelhaften Einrichtung der amerikanischen Regierung machten: Der “Homeland Security”.
Ich habe sehr viel über den amerikanischen Heimatschutz gelesen, über die Konzepte und die Direktiven dahinter. Aber ihr habt keine Vorstellung, wenn ihr das nicht selbst erlebt habt. Und das, was ich jetzt erzähle, ist keine Polemik - es ist ganz einfach Tatsache.
Wenn man als nicht amerikanischer Staatsbürger zum ersten Mal in dieses Land kommt, ist man nicht Mensch zweiter oder dritter Klasse - man hat überhaupt keine Klasse. Man muss eine Schikane an formellen Angaben und Fragen über sich ergehen lassen, die selbst mit dem Prozedere der letzten kommunistischen Diktatur nicht vergleichbar ist. Und ehrlich - dabei wird man behandelt wie Vieh. Ich kenne kein anderes Land, das derart abwertend mit Gästen aus dem Ausland umgeht, wie Amerika. Diese Selektion hatte etwas extrem unwürdiges und ich werde nicht den zeitgeschichtlichen Vergleich zitieren, der sich bei diesem Vorgang in mir auftat.
Man kommt da also an, mit seinem Gepäck und seinem alteuropäischen Frohsinn und hört auf dem Weg zur ersten Sicherheitssperre eine befremdliche, mechanisch klingende Frauenstimme aus den Lautsprechern. “Willkommen in Philadelphia. US-Bürger halten sich bitte an die grünen Markierungen, alle nicht US-Bürger an die roten. Sie werden sodann von unserem Sicherheitspersonal aufgefordert, sich zu verifizieren. Vielen Dank für Ihre Kooperation.” Gerade das letzte “...and thank you for your cooperation.” klang verdammt unheimlich. So freundlich überspitzt, so konstruiert.
Dann bekam man einen blauen Zettel, auf dem man erklären musste, dass man selbst man selbst ist und mit bestem Wissen und Gewissen Angaben zu seiner Person mache. Okay. Dann bekam man einen grünen Zettel, auf dem man angeben musste, woher man kam, wohin man in Amerika möchte und ob man etwas ausserordentliches einführt. Auch okay. Dann kam aber der erste Sicherheits-Beamte, namentlich in unserem Falle Security-Officer Powell. Mister Powell - glatt geschoren, Kaugummi kauend - war ruhig im Gemüt aber sichtlich genervt von “the germans” aus “Munschen”. Wir gaben ihm unsere Pässe, unsere Tickets und ein freundliches Lächeln. Er fragte zunächst meine Schwester, warum sie denn nach Phoenix wolle, was sie in Deutschland beruflich mache, ob sie das erste mal nach Amerika reise, wie lange sie im Lande blieb, zu wem sie hier wolle, in welcher Beziehung sie zu demjenigen stehe, wo dieser jemand denn arbeite und ob er auch aus Deutschland komme. Das ganze glich einem Verhör.
Mister Powell wendete sich zu mir und fragte mich exakt das gleiche. Als meine Schwester bei einer seiner Fragen angab, wir seien zusammen unterwegs, fuhr sie Mister Powell scharf an: ”No! I don't ask you - i ask him!!” Sie ging nicht weiter darauf ein, ich beantwortete brav meine - und ich betone - meine Fragen und nachdem Mister Powell mit kritischen Blicken uns, unsere Pässe und dann wieder uns begutachtete, durften wir zur Gepäckausgabe.
An dieser Sicherheitsstation gab es bereits die Vorrichtungen zur Auswertung von Biometrie-Daten - Scanner für Fingerabdrücke, Iris und Gesichtserkennung. Sie waren allerdings noch nicht in Betrieb, was man von den 360° Decken-Kameras nicht behaupten konnte. Diese waren im Abstand von ein paar Meter überall angebracht und verfolgten eifrig das Geschehen.
Sehr markant waren auch die Tafeln, die einen schriftlich aufforderten, das Sicherheitspersonal in keinen Diskurs zu verwickeln und sich so zu verhalten, wie einem aufgetragen wird. Und auch hier wieder "Danke für Ihre Kooperation."
Meine lieben amerikanischen Sicherheitsbehörden: Eine Kooperation setzt sich in meinen Augen aus zwei oder mehreren Parteien zusammen, die eine Übereinkunft treffen, die beiderlei Haltung und Erwartung entspricht, um so auf einer Basis gemeinsame Interessen zu vermitteln. Sobald eine der Parteien den Willen der anderen übergeht, ihr die eigene Vorstellung aufzwingt und keine weitere Optionen mehr ermöglicht nennt man das nicht mehr "Kooperation" sondern "Diktatur". Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Die Suche nach unserem Anschlussflug auf dem Flughafen von Philadelphia war chaotisch. Das Personal - vornehmlich dicke schwarze Amerikanerinnen war genervt und vollkommen frei von jeglicher Kompetenz. Wartete man an einem Schalter, durfte man keine Schlange bilden und wenn es unbedingt nötig war, dann doch nur bitte dort, wo einem gesagt wurde stehen zu bleiben. Wir hatten zwei Stunden Aufenthalt und von diesen zwei Stunden war eine halbe Stunde herumlaufen, eine halbe Stunde anstehen, eine halbe Stunde Sicherheitskontrolle und eine halbe Stunde dumme Fragen beantworten. Wie viele Kontrollen wir durchliefen weiß ich nicht mehr - ab der dritten habe ich aufgehört zu zählen.
Die letzte jedoch hatte es in sich. Caterina und ich standen mal wieder in einer Schlange, in der wir eigentlich nicht stehen durften, weil es ja verboten war, eine Schlange zu bilden. Da machte ein zweiter Sicherheitsschalter auf und alle stürmten wie bei Aldi los, als gäbe es kein morgen. Es wurden allerdings nur die ersten vier genommen - meine Schwester, ich und ein älteres Ehepaar - denn sonst hätte sich ja wieder eine Schlange gebildet, was die dicke schwarze Sicherheitsbeamtin mit plärrendem Slang doch vorhin strikt verboten hatte.
Also wieder Schuhe ausziehen, die aufgrund der Rennerei bereits verdächtige Ausdünstungen hatten, Mantel, Notebook, Handgepäck durch das Röntgengerät, wir durch den Metalldetektor - piep piep piep!! Ich musste mich umdrehen, zurück und noch mal durchgehen. Piep piep piep!! Ich hob mein Shirt, zeigte auf meine Gürtelschnalle. Der dicke schwarze Beamte - diesmal ein Mann - fragte mich, ob ich ausser meinem Gürtel sonst noch etwas metallenes tragen würde. Ich verneinte seine Frage und er befahl einen seiner Kollegen, dass ich gesondert von Hand untersucht werden sollte. Daraufhin wollte ich lediglich sagen, dass es doch nur der Gürtel ist, den ich trug und fragte, ob ich ihn ausziehen und noch mal durch den Detektor gehen solle. Diese Frage war ein Fehler denn mit einem mächtigen Satz kam eine dicke schwarze Sicherheitsbeamtin auf mich zugesprungen, schnauzte mich energisch an ich solle mich ruhig verhalten, keinen Ärger machen und mich jetzt sofort auf die Seite stellen. Hinter dem Metalldetektor warteten vier dicke schwarze Sicherheitsbeamtinnen wie die Hyänen. Und bei denen stand ich - barfuß nur in Socken. Zusammen mit mir wartete auf die Inspektion ein älterer, tattriger Amerikaner, der in seiner Brusttasche nach einem Metall-Kugelschreiber kramte.
Ich wartete. Caterina war bereits durch, hatte unsere Sachen wieder alle zusammengepackt und warf mir meine Schuhe zu, damit ich nicht in Socken auf dem kalten Boden stehen musste. Das war der zweite Fehler denn nun war die Aufmerksamkeit des dicken schwarzen Sicherheitsbeamtinnen-Rudel vollends auf uns gelenkt, genauer gesagt auf meine Schwester, die mit ihrem frevelhaftem Verhalten wohl die Akzeptanzgrenze der Beamtinnen geschrammt hatte. Eine davon lief auf mich und meine Schuhe zu, riss sie an sich und ging auf meine Schwester los, die mit ihren zierlichen Formen ja die Gefahr schlechthin darstellt. Sie plärrte Caterina an, was das solle, was sie denkt, was sie hier mache und das das nicht sein dürfe, mir die Schuhe zuzuwerfen!! Caterina beschwichtigte und sagte, dass sie nicht wusste, dass es verboten sei, jemanden, der gerade von Hand kontrolliert wird, seine Schuhe zuzuwerfen. Die dicke schwarze Sicherheitsbeamtin bemerkte wohl, dass sie da eine ziemlich unsinnige Nummer abgezogen hatte. Damit sie aber in der Öffentlichkeit und bei ihren Kolleginnen nicht wie der letzte Trottel erschien - der sie ja faktisch war - versuchte sie mit einer fadenscheinigen Argumentation wieder alles Recht auf ihre Seite zu ziehen. Sie sagte: “Ja, okay, das verstehe ich, dass sie ihrem Bruder seine Schuhe zuwerfen wollen. Aber sie dürfen auf dem Flughafen nicht so mit den Schuhen werfen, das ist nicht in Ordnung und dafür kann ich sie in den Knast bringen.” Die Diskussion der Sicherheitsbeamtin mit meiner Schwester endete damit, dass sich Caterina für etwas entschuldigen musste, das nicht entschuldbar war, denn es war kein Vergehen.
Warum ich all das hier schreibe? Wenn du nach Amerika reist musst du lernen, gegen dich selbst und gegen deinen gesunden Menschenverstand zu argumentieren. Und noch etwas: Amerika hat Angst. Und zwar unvorstellbar große Angst. Dieses Land lebt in einer Massen-Paranoia, einem tauben Gemisch aus Furcht und Misstrauen. Dabei fällt es, wie bei nahezu allen amerikanischen Dingen ins extrem. Weil z.B. ein Mann vor nicht allzu langer Zeit einen Sprengsatz in seinem Schuh trug, muss nun jeder Einreisende seine Schuhe ausziehen. Dass aber mittlerweile Sprengstoff in, sagen wir mal Toupets versteckt wird, bemerkt dieses Land gar nicht, weil es immer nur auf die Schuhe kuckt.
Der Flug von Philadelphia nach Phoenix war sehr holprig und turbulent - ein letzter Teufelsritt und wir stürzten förmlich Richtung Ziel. Caterina und ich saßen im Flugzeug und redeten von Frankreich, von Wein, von Antipasti, von leckerem Essen, von den vergangenen Tagen an der Côte d´Azur und das jetzt jemand in Goodyear wartet, der sich ganz besonders freut. In diesen letzten Stunden unserer Reise war mir alles egal, es hätte uns in der Luft zerreissen können. Die Gleichgültigkeit und Ignoranz der Amerikaner uns gegenüber hatte stark abgefärbt. Selbst ein Haufen Scheisse, der in der Sonne vertrocknet erhält mehr Anerkennung, als ein Nicht-US--Bürger, der zum ersten mal in die Staaten reist. Meine Bewertungsskala hatte ihren maximalsten Pegel schon vor unserem eigentlichen Urlaub erreicht - und zwar in die negative Richtung. Aber das wird hoffentlich noch besser.
Leider gibt es keine Aufnahmen von der Abfertigung in Philadelphia, da im gesamten Flughafengelände die Benutzung von Mobiltelefonen und Kameras strikt untersagt war. Und nach der finalen Landung in Phoenix hatte ich auch absolut keinen Nerv mehr, zu fotografieren. Wir waren ziemlich Matsche und wollten nur noch zwei Dinge: Eine Dusche und ein Bett. Der Trip hatte uns ziemlich mitgenommen und jeder, der lange gegen seinen Schlafrhythmus wach bleibt, kennt das - es wirkt alles unwirklich und diffus.
Flo wartete am Flughafen und das war schön. Er brachte uns in das Camp, zeigte schnell die wichtigsten Einrichtungen und unsere Unterkunft. Für diesen Tag war unser Input absolut gedeckt, wir duschten noch schnell und dann ab in die Kiste. Aber die Nacht über bin ich noch geflogen.
Heute war der erste Tag, wo wir uns ein wenig Zeit nehmen konnten, unser Zuhause für die nächsten zwei Wochen genauer anzusehen. Flo hatte heute ein volles Ausbildungs-Programm, führte uns aber dennoch auf der Base herum und zeigte uns seinen Tagesablauf. Abends waren wir noch lecker Essen bei einem Mexikaner.
Bevor man in ein Restaurant darf, muss man sich mit seinem Namen anmelden. Dann heißt es erst mal warten, bis ein Tisch frei wird. Es gibt viele Restaurants hier in Goodyear aber egal, welches man davon aufsucht, es wartet immer schon eine kleine Menschenmenge vor den Türen und wartet auf Einlass. Das Essen selbst war üppig, ganz lecker, aber definitiv zu viel für einen normalen Magen. Ich hatte an dem Abend recht viel Hunger und wenn ich viel Hunger habe, kann ich wirklich große Portionen essen. Aber diese habe ich nicht geschafft.
Das Lufthansa Trainings Camp selbst ist absolut in Ordnung - eine kleine Enklave der Alemannen in Arizona. In der Früh hört man ein vertrocknetes "Morgen" aus dem Mund kommender Lufthansa-Piloten, die allesamt recht freundlich sind. Die Geruchswelt hier ist ganz eigenartig. Einerseits riecht es nach Sommer, nach südländischen Düften. Andererseits liegt der Geruch von Kerosin und Motorenöl in der Luft, begleitet vom sonoren dröhnen der Kleinflugzeuge, die Tagsüber ihre Runden über unsere Köpfe zirkeln.
Auch wenn es auf den ersten Bildern nicht so aussieht - das Wetter momentan ist mild, die Sonne scheint und es hat heute ein wenig aufgeklart. Bis nächste Woche Dienstag soll richtig warm werden - um die 30 Grad. Abends frischt es allerdings ziemlich ab. Wüstenklima halt.
Wir teilen uns die letzte Süddeutsche Zeitung, die wir aus München mitnahmen. Jeder bekommt ein Stück, dass er sich unter sein Kopfkissen legen kann. Ich hab das Feuilleton. Hier im Zimmer hängen zwei Repro-Poster von Manet, schön artig an die Wand gepinnt. Für ein wenig vernünftigen kulturellen Einfluss wäre also schon gesorgt.
Noch ein paar frühe Amerika-Impressionen.
Autos:
Ich habe in meinem Leben noch nicht so viele so fette Autos gesehen, wie hier. PickUps, Jeeps, Transporter und
wuchtige Schlitten - man findet keinen - wirklich, KEINEN EINZIGEN Kleinwagen hier.
Energie:
Allgemein spielt hier ein sinnvolles Energiemanagement keine große Rolle. Alles läuft generell immer. Lichter auf Korridoren und Fluren, Beleuchtungen in Räumen, die Jahr und Tag keiner benutzt, Maschinen, Klimageräte, die Monster-Toastmaschine in der Kantine - einfach alles.
Werbung:
Das fiel mir zum ersten mal auf dem Weg vom Flughafen nach Goodyear auf. Jeder Quadratmeter ist voll von Leuchtreklamen und illuminierten Werbeschriften. Das gibt es bei uns auch aber nicht in dieser Häufigkeit. Wo du auch hinblickst, irgendwo steht immer ein Markenname. Alles wird von irgendwas gesponsort. Selbst den Telefonjoker von "Who wants to be a millionaire?" - dem amerikanischen Pendant zu "Wer wird Millionär?" sponsert AT&T, ein amerikanisches Telekommunikationsunternehmen.
Fernsehen:
Den mit Satellitenanlage ausgestatteten Fernseher in Flos Unterkunft konnte ich noch nicht testen. Der in unserem Zimmer hat eine Antenne und empfängt 45 Programme. 45 mal konzentrierter Bullshit. Game-Shows, Fitness-Shows, Talk-Shows - auf dem einen Kanal schwätzen sie dir George-Foremans handlichen Burger-Brater auf während sie dir zwei Kanäle weiter Tips für ein kalorien- und fettfreies Leben geben. Vieles wirkt grotesk und man kann keine fünf Minuten ernsthaft das Programm verfolgen, ohne einen Kotzanfall zu bekommen. Und überall Werbung, Werbung, Werbung. Ich vermisse 3sat, Arte, Phoenix, Alpha und Konsorten.
Heute morgen noch ein Hammer, der wie ein muffiges Echo des vergangenen Tages nachklang. Wir öffneten unseren Hartschalen-Koffer. Oben auf dem Gepäck lag ein Informationsblatt von der "Transportation Security Administration" - im Folgenden kurz TSA - mit ein paar netten Zeilen. Diese Einrichtung der amerikanischen Regierung behält sich das Recht vor, bereits aufgegebenes Gepäck in der Abwesenheit seines Besitzers zu öffnen und nach verbotenen Gegenständen zu durchsuchen. Und - TADAA!! - mein Gepäckstück war verdächtig. Für den Fall, dass das Gepäck mit einem Schloss gesichert ist, wendet die TSA notfalls Gewalt an. Sollte dadurch etwas kaputt gehen oder beschädigt werden, so übernimmt die TSA keinerlei Haftung. Denn "Smarte Sicherheit erspart Zeit", so der Werbespruch auf dem Zettel. Das alles sei natürlich nur zu meinem Schutz und dem der folgenden Passagiere. Die TSA dankt für mein Verständnis und für meine Kooperation.
Das ist also zu meinem eigenen Schutz? Zu meinem eigenen Schutz?! Ich meine, ihr brecht mit Gewalt meinen Koffer auf, fingert mit eueren Wichsgriffeln in meiner Unterwäsche und wollt mir erzählen, dass sei zu meinem eigenen Schutz?! Was seit ihr eigentlich für eine bekackte Nation, dass ihr mir von dem Augenblick, wo ich als Nicht-US-Bürger einen Fuß in euer Land setze alle Rechte absprecht und aufgrund eueres Misstrauens allen und jeden wie einen potentiellen Terroristen behandelt! Mit dieser Nation als Führer der Weltengemeinschaft hat die Menschheit verschissen. Und zwar ganz grob.
Noch ein dezenter, letzter Hinweis an dieser Stelle: Solltet ihr nach Amerika reisen, in dieses großartige Land des viereinhalb Kilo T-Bone Steaks, dann tragt um Himmelswillen keinen Gürtel mit metallener Schnalle und nehmt auch sonst jedwedes Blech von euerem Körper.