Er schläft äußerst unruhig in den letzten Nächten, immer mit Unterbrechungen, nie durchgehend. Das erste mal seitdem er von Zuhause ausgezogen war.
Im Elternhaus, in seinem Bett im alten Jugendzimer, ist sein Schlaf sonst fest und tief. Nur dort schläft er mit einer inneren seeligen Ruhe, die ihn sonst an keinem anderen Ort der Welt umhüllt, ihm Sicherheit gibt. Unschuldig schläft er sonst nur dort aber die letzten Nächte war das anders. Unruhig, einmal spätnachts aufgewacht, ein andermal zu lange wach gelegen, Gedanken gewälzt, während fahles Mondlicht durch das Fenster auf sein Gesicht fiel. Kaltweiße Nachtgedanken, die eben nicht auf diese Wiese führen, hoch, auf eine kleine Anböschung, von der aus man die Schäfchen so wunderbar zählen kann. Diese Nachtgedanken halten wach, man geht mit ihnen immer wieder durch eine neue Türe, aber der Raum dahinter offenbart nur Halbschatten der Wahrheit; stößt bereits die nächste Türe auf, während sich an den eben aufgeworfenen Fragen noch immer die Gedanken verhaken.
Er kam nicht umhin wach zu liegen, die Augen wurden nur langsam müde, lagen schwer in ihren Höhlen; er hielt sie geschlossen, während der Mond noch lange durch die Haut seiner Lider hindurch schien und lange Schatten der verrückten Dinge auf seinen Geist warf, die ihm noch auf diesem Weg begegnen würden.
Dann, schweißgebadet mitten in der Nacht aufgewacht. Das Kopfkissen und die Bettdecke waren nass – er befürchtete kurz, sich vollgepisst zu haben – und widerlich kalt. Die Haare klebten im Nacken und er drehte Decke und Kissen um. Trocken nun, aber auch kalt. Ein klammes Gefühl, schweißgebadet mitten in der Nacht hochzuschrecken, mit Magenschmerzen, Übelkeit, nicht sicher, ob man gerade im Halbdunkel des Bewussten einen Schrei ausstieß und nicht wissend, ob man aus einem fürchterlichen Albtraum aufwachte oder gerade in einen fürchterlichen Albtraum entschlief. Träumt er noch oder wacht er schon? Er wusste nicht, worin der größere Schrecken lag. Man ist unschuldig, wenn man träumt. Nicht heute Nacht.