Stand auf dem Marienplatz, zehn Minuten zu früh zur Arbeit. Betrachtete in Ruhe die Dinge um ihn herum, die Details der Rathausfassade. Zeit nehmen zum Beobachten, es lohnt sich wirklich immer. Später würde es geregnet und er im Tumult des Alltags diesen stillen Moment auf dem Platz vergessen haben.
Der Lieferwagen eines Bäckers fuhr vorbei und er betrachtete das Werbemotiv auf dessen Seite: ein Brotlaib, auf dem „Ur-Laib“ stand und ein weiterer Spruch darunter, den er sich nicht merken konnte. Da nur dieses Brot und das Wort auf weißem Untergrund zu sehen war, wurde ihm plötzlich die Verwurzelung des Wortes „Leib“ in seiner Sprache bewußt, wie sie ihm zuvor noch niemals bewußt geworden war. Während der Lieferwagen langsam an ihm vorbeischunkelte, musste er über diese Zusammenhänge nachdenken: Der Brotlaib, der erst ab dem 17. Jahrhundert zur besseren Abgrenzung mit einem „a“ geschrieben wurde; Brot als Grundnahrungsmittel also, das Leben sichert. Der Körper des Menschen, der Leib, dieses zerbrechliche Gefährt, in dem die Seele wohnt. Der Leib Christi als Zentralgedanke der christlichen Spiritualität. Das alles hing plötzlich auf eine seltsame Art und Weise zusammen, es deutet scheinbar auf irgendwas besonderes hin. Fünf Minuten später würde das Glockengeläut des Alten Peter sämtliche seiner Überlegungen in dieser Richtung getilgt haben.