Amerika hat gesprochen. Die Präsidentschaftswahl 2004 ist vorbei, das mediale Beben mit Epizentrum Washington vorrüber. Ergebnis: Four more years.
Vier weitere Jahre Dubya? Sicher doch: Der geneigte europäische Kulturbürger (und nicht nur der) fasst sich bei dieser Feststellung entsetzt an die Denkfurche. Bleibt nämlich am Ende die 64.000 Euro Frage im Raum stehen: Wie um Himmels überleben wir die nächsten vier Jahre?
Dabei strahlt Georg W. Bush seit ein paar Tagen wie ein Honigkuchenpferd aus der Wäsche. Absolut verständlich, darf er sich nämlich nun über die Tatsache freuen, endlich aus dem Schatten seines wehrten Herrn Papas heraus getreten zu sein und nun mit einer eigens eingefädelten, grandiosen politischen Steilvorlage zu punkten, die dem Senior verwehrt blieb: eine zweite Amtszeit. Insofern wollen wir an dieser Stelle nicht unfair sein und gratulieren ganz höflich und diplomatisch, wie wir Alteuropäer halt nunmal sind. Also: Alles gute Schorsch und may God bless America.
Keine Frage, Mr. President: Wir haben dich und deine fundamentalistisch konservativen Anhänger heillos unterschätzt. Ja, vielleicht haben wir uns sogar vom Wunschgedanken verleiten lassen, dass der halbwegs gebildete amerikanische Durchschnittsbürger deines Gottesstaates ein klein wenig – noch nicht mal viel, aber wenigstens ein bisschen über die Grenzen von Abtreibungsverbot, Keuschheit vor der Ehe und „War against terror“ Gefasel hinausblickt und per Stimmabgabe interveniert. Scheinbar eine fulminante Fehlannahme, wie sich jetzt im Nachhinein herausstellte.
Der Tage ging ein rauschen durch den Blätterwald. Die einen versuchten sich an einer freudschen Analyse des Wahlausgangs, die anderen übten sich in Resignation. Von den Medien bis zum Erbrechen wiedergekäut war das Thema Präsidentschaftswahl dennoch stellenweise unterhaltsam. Zuerst wurde die Welt mitsamt der Koalition der Willigen ausgesperrt, ein Video des Wanderpredigers Osama tauchte auf und noch bevor sich John F. Kerry, der etwas hölzern wirkenden Aristokrat und Mann der Stunde zum Dienst melden konnte, war auch schon das Swift Boat der Demokraten abgesoffen, gekentert bis auf den Grund der Bedeutungslosigkeit und die Wahl verloren.
Bei Kerry und Co. herrscht nun also ein klein wenig Katerstimmung. Im republikanischen Lager bleibt vorerst alles so wie gehabt. Und während das Töten im Irak weitergeht, verständigt sich Bush auf die Aufrechterhaltung traditionieller Werte. Und so halte ich Linientreue mit Bruce Springsteen und dem Rest der verstummten demokratischen Basis: kein Sterbenswort mehr zu diesem Thema.
Sterben ist im Übrigen auch eine schöne Überleitung, denn mit der Hoffnung auf eine Welt ohne George W. Bush stirbt noch eine Menge anderer Dinge, was mit dem im sterben liegenden Sommer ja auch ein passender Trend zur Jahreszeit ist.
Der Holzmichl stirbt, Jassir Arafat stirbt, Hans Eichel noch nicht, aber bestimmt bald – wo soll das alles noch hinführen? Einzig und allein Michael Moore läuft mal wieder quer und rät vom Selbstmord ab. Dabei sucht ein britischer Fernsehsender ganz dringend Tote. Wem also Washington, Winter, Wiesenhits und der Wahnsinn dieser Tage zuviel wird, dem bleibt am Ende wohl nur noch eines: auswandern.
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