Vorfrühling

Das Himmelblau ist bloße Vermutung; durch das grauingrau der Wolkenschleier diffus schimmernd. Eine Annahme.

Die ersten Sonnenstrahlen lecken den Schnee weg, lassen ihn dort, wohin sie reichen zerfließen und dort, wohin sie nicht reichen, wo Schatten von Bäumen und Sträuchern sie blockieren, bleiben kleine Schneeinseln übrig, die sich ängstlich ins Kalte ducken und dreckig glänzen und bald vergangen sein werden.
Es kommt ein Grün zum Vorschein, das kraftlose fahle Grün eines vergangenen Jahres. Und mit ihm die Erinnerung an den Sommer, die Hoffnung, das Wünschen. „Weißt du noch im letzten Jahr?“. Menschen flüstern sich das in den letzten Tagen vermehrt zu und sie klingen verliebt und euphorisch, die Plätze und Orte der Parks wiederentdeckt zu haben. Dort wo sie miteinander schmusten und lachten; sie waren ja nie wirklich weg, diese Orte, sie lagen bloß unter einer Schneedecke, bedeckt mit weißem Vergessen, und in den kalten Monaten aus dem Bewusstsein verschwunden.
Der Blick auf die Landschaft beruhigt jetzt wieder das Auge, kein stechendes, vom Schnee reflektiertes Licht, kein Zusammenkneifen der Lider, es sei denn man blickt direkt in die Vorfrühlingssonne.
Die Wiesen dieser Landschaft so vollgesaugt mit Wasser und saftigschmatzend, dass bei jedem Schritt kleine Seen um die Füße herum entstehen. Alles Erdtöne, schlammbraun und schwer und ein ständiges Sickergeräusch; ein Gluckern, man muss nur leise sein und das Ohr nahe an den Boden heranführen.
Die Wiesen, ein mutloser Teppich über dem Land. Und überall Verheissung eines werdenden Sommers.

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