Es brodelt in der Medienküche. Vier Tage vor der Bundestagswahl überbieten sich die Parteien mit ihren Wahlversprechungen, eine Superlative jagt die Nächste. Dass dabei kaum Rücksicht auf widerspruchsfreie Rhetorik genommen wird, war abzusehen. So fordert „DIE LINKE“ auf ihren Plakaten „Reichtum für alle!“, drei Werbeflächen weiter will sie diesen „Reichtum besteuern!“. Heißt also im Klartext: Steuern für alle! Aber das ist mittlerweile ein alter Stiefel.
Die Opposition diskutiert sich den Mund faselig, während sich die großen Volksparteien gegenseitig den Bauch pinseln und den softesten, weichgespültesten Kuschelwahlkampf seit Jahren betreiben. Natürlich hat das Methode. Angela Merkels „Kein Wahlkampf“-Wahlkampf ist unspektakulär, bietet aber auch kaum Angriffsfläche. Frank-Walter Steinmeier hingegen möchte die Unterschiede zwischen den beiden Parteien deutlich machen, bleibt jedoch im vagen. Allein dass er Unterschiede erkenne, unterscheide schließlich die beiden voneinander. Das muss reichen. Basta!
Das ist Wahlkampfrhetorik 2009, alles bleibt im Ungefähren verhaftet und dem durchschnittlichen Bildungsbürger schlägt es vor Wut Blasen auf der Großhirnrinde. Dabei sind sich Angela und Frank-Walter noch nicht mal einig, wer wen wo zuerst tätscheln soll, anstatt sich mal kräftig auf die Omme zu hauen, so wie es das politikerverdrossene Fußvolk sehen will. Das TV Duell brachte weder die erhoffte Quote, noch die erhoffte Euphorie; es war langweilig, ein Teil der Bundesbevölkerung verstarb kurzerhand freiwillig vor den Fernsehgeräten und ersparte sich damit den eigenständigen Gang zur Urne. Wer trotzdem am Leben blieb, erlitt über weite Strecken allerhöchstens geistige Diarrhöe, da war der Gang zur Toilette schon das Highlight des Abends. RTL erkannte die Zeichen, sorgte für Zündstoff und lud Renate Künast, Guido Westerwelle und Gregor Gysi ins Studio zum Streitgespräch. Das populistische Geplänkel war wenigstens unterhaltsam, Herr Gysi bewies dabei Entertainment-Qualitäten. Zwei kurze Ausschnitte:
Guido und Renate mokieren sich über einen „miserablen“ Einspieler von RTL. Guido stellt sogar fest, dass das „ein hochintelligenter Beitrag“ war, fast so hochintelligent wie seine restlichen Kommentare. Gregor regt sich schon gar nicht mehr auf, er bekomme nämlich „immer nur solche Einspieler“.
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Hier beantwortet der Fraktionschef der Linken eine Frage aus dem Publikum, wie er zu den Studiengebühren und zur Bildungspolitik, die heutzutage geführt wird stehe. Natürlich antwortet er zunächst schmalzig-pathetisch, erteilt dabei der FDP aber einen kleinen Seitenhieb.
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Doch was wäre die Bundestagswahl ohne ordentliche Wahlwerbespots, bei denen wir, also das Volk, die Partei der Gelassenen und Unaufgeregten nur noch dastehen und leicht bedröppelt aus der Wäsche kucken können?
Da wäre zum Beispiel die Christliche Mitte, die für ein Deutschland nach Gottes Geboten antritt. Dabei zeigt sie ernsthafte Führungsansprüche und beweist, dass sie in den letzten 2000 Jahren Christentum wirklich was dazugelernt und hart an ihrem Parteiprogramm gearbeitet hat. So einschlägig einleuchtend klingen dann auch ihre Forderungen, sie sagt…
Ja zum Leben, zur Wiederauferstehung, zur Rohrpost, Bibel TV und gehäkelten Klorollenhütchen.
Sie sagt nein zur Abtreibung, zu AIDS, zu Schwulen, zu Moscheen, zum Ozonloch, zur Wiedervereinigung, zum Internet und Peter Maffay. Ach, und sie sagt auch nein – und das ganz entschieden – zum Missbrauch und Verführung von Kindern und Jugendlichen. Also nein zur Pädophilie innerhalb der katholischen Kirche, aber das geschieht ja zum Glück nicht so oft.
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Mit einem großen Nein beginnt auch der nächste Spot. Nein, die Frau, die da redet, heiße nicht Schlämmer und sie kandidiere auch nicht für eine Spaßpartei. Richtig, denn der Name der Frau ist Uschi Winkelsett und sie kandidiert für die Republikaner, nicht für die FDP. Und bei den REPs gibt es scheinbar nicht viel zu lachen, denn Politik, so Frau Winkelsett ist nicht lustig. „Viele Menschen spüren, dass irgend etwas nicht stimmt in unserem Land.“ Ja, genau. Ich spüre, dass etwas mit der Wahlwerbung in diesem Land ganz und gar nicht stimmt. Das Beste kommt dann aber zum Schluss. Die Republikaner lehnen zwar Horst Schlämmer ab, erblöden sich aber trotzdem dazu, ihn zu zitieren. „Schlechter als die anderen sind wir auch nicht.“ Was bitteschön, Frau Winkelsett soll ich von einer Partei halten, die mit solchen Minderwertigkeitskomplexen in den Bundeswahlkampf zieht, sich Slogans bei einem zugegebenermaßen genialen Komiker klaut und derart tiefstapelt, dass mir auch der letzte Lacher noch in der Hose hängen bleibt? Die Republikaner sind nicht schlechter als die anderen Parteien, das mag stimmen. Nur sind sie eben auch kein Stück besser.
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Word!
Klasse zusammengefasst! Ich glaube ich werde alle Außenseiter wählen rot, grün und ÖDP – hauptsache nicht Schwarz-Gelb. Die wären mir zu Wirtschafts- und zu wenig am Einzelnen orientiert. Es gehören eindeutige Positionen zu mutigen Änderungen her, die sinnvoll und nachhaltig erscheinen. Das traue ich denen Eindeutig nicht zu – beim besten Willen…