Es gab nicht vieles, aber die Vielsprachigkeit in meinem Studentenwohnheim liebte ich.
Meine koreanische Nachbarin zum Beispiel, die leider vor ein paar Wochen ausziehen musste. Ihre Wohnheimsfrist lief ab, wir sind in München, Wohnraum für Studenten ist hier wie in vielen anderen Universitätsstädten knapp, da gibt es kaum Ausnahmen und wenn, dann nur alle 11 Semester oder wenn man schwanger ist. Meine koreanische Nachbarin und ich, wir verstanden uns also blendend, obwohl wir uns eigentlich nicht verstanden. Ich erklärte ihr die Eigenheiten der Metropole am Weißwurstäquator, bayerische Kraftausdrücke und was es mit der besonderen Zuneigung der Münchner zum Augustiner Bier auf sich hatte. Sie nickte beständig.
Sie erklärte mir im Gegenzug etwas über das Geheimnis koreanischer Nudelsuppen, Tofu und Großraumtransportfahrzeuge. Bei letzterem war ich mir allerdings nicht ganz sicher aber auch ich nickte beständig.
Mit dieser koreanischen Nachbarin nun teilte ich mir manchmal nicht nur eine Wäschespinne sondern auch die Vorliebe für Gurken zum Frühstück. Ich beließ es bei ein paar Scheiben aufs Brot, mit etwas Salz darüber gestreut, Ende. Sie aß meistens ein drittel einer gesamten Salatgurke, geschält, dazu ein paar Apfelscheiben, ein Toastbroat, Spiegelei, Kaffee – ich weiß nicht, ob das typisch für ein koreanisches Frühstück war aber die souveräne Art, wie sie es jeden Morgen zubereitete, ließ es sehr koreanisch wirken.
Frühstück ist etwas, wofür ich mir gerne Zeit nehme. Jeden Morgen, wenn ich alleine in der Gemeinschaftsküche saß und meine koreanische Nachbarin hereinkam, um ihr Frühstück zuzubereiten, unterhielten wir uns ein paar Minuten. Sie ging dann in ihr Zimmer, ich blieb in der Küche. Wenn ich dann noch immer dort saß, als sie wiederkam, um ihre Sachen abzuspühlen, fragte sie mich jedesmal, ob ich mir immer so lange Zeit zum essen ließe und so langsam kaue. Und jedesmal antworte ich bloß mit einem trockenen „Ja“. Das war ein ganz eigenartiger Ritus, den sie ihrerseits mit einem langgezogenen, verwundert bewundernswerten „Oooh!“ abschloß, kurz bevor sie die Reste ihres koreanischen Gurkenfrühstücks in den Müll beförderte. Das war so ein Berg und Tal „ooOOhh!“, das ich nie vergessen werde; langgezogen, wie in einer Achterbahn und wie es eben nur junge asiatische Frauen sagen können.