Nachdem ich die letzten Tage viele Farmen, Holiday Parks und Hotels angerufen und mich um eine neue Bleibe kümmerte, haben meine Bemühungen gestern Früchte getragen. Ich erhielt einen Rückruf mitsamt Zusage eines kleinen Bed & Breakfast Motels mit angeschlossener Farm, etwa 40 Kilometer südlich von Hastings. Allmählich komme ich mit der Planung des Wwoofing-Alltags zurecht.
Und das läuft im Idealfall so: Man sucht sich eine Gegend, in der man für eine Zeit sesshaft werden möchte, weil einem die Landschaft gefällt oder die nächstgelegene Stadt oder beides. Dann ruft man die Hosts einfach alle mal durch, das ist leichter als sich über E-Mail zu verständigen (und manchmal doch nicht so leicht, weil einem Englisch mit einem Akzent um die Ohren gehauen wird, dass man nicht mehr weiß, wo Satzanfang und Ende ist). Besonders unterwegs ist das schwer, da Internet in Neuseeland meistens nur in den größeren Städten verfügbar ist und manchmal die Stunde Onlinesein mit ein paar Dollar übel in die Finanzbilanz reinhaut. Hat man dann Glück und bekommt eine Zusage, macht man sich so langsam auf den Weg dorthin. Und dieses auf-den-Weg-dorthin ist dann die Zeit, in der man richtig was zu sehen bekommt. All das hat, um es wirklich zu genießen, 50 Prozent etwas mit Timing und 50 Prozent mit Lockermachen zu tun. Und diese Mischung habe ich langsam raus.
Natürlich lässt sich nicht alles vollkommen planen aber ganz ohne Plan draufloszufahren ist auch nicht sehr sinnvoll. Wenigstens zwei, drei Blicke in den Lonely Planet sollte man geworfen haben, um nicht an allen interessanten Punkten vorbeizukutschieren.
Mein momentaner Aufenthaltsort ist Lake Rotoiti und so langsam muss ich wieder ans Meer, da mich der Schwefelgestank hier allmählich aufregt. Morgen gehts also los und ich werde mir für die nächste Strecke mehr Zeit lassen, als bei meinem Northland-Trip, mindestens eine Woche bis zum nächsten Ziel. Es geht es hoch nach Whakatane, dann entlang der Bay of Plenty Richtung East Cape, mit dem östlichsten Leuchtturm der Welt, und dann ganz langsam wieder Richtung Süden. Viele Strände zum Laufen und morgens am Ozean aufwachen.
Die ersten Tage an einem neuen Ort fühlen sich sehr gut an. Nach einer Woche oder mehr im Auto fühlt man sich angekommen und braucht diese Zeit, um runterzukommen, die Eindrücke der Reise zu verarbeiten und um seine Seele eine wenig setzen zu lassen. Immer nur auf Achse sein geht nicht. Und zur Abwechslung dann wieder etwas physische Arbeit zu verrichten ist genau das richtige Gegengewicht zum ständigen verkopften Autofahren. Aber bereits nach ein paar Tagen stellt sich langsam ein Gefühl der Heimelichkeit ein, ein Gefühl der Gewohnheit. Erste Anzeichen dafür sind, wenn ich weiß, wie ich im Halbschlaf im Dunkeln zum Klo komme und wo die Erdnussbutter steht. Es folgt dann eine hauchdünne Phase, in der die Stimmung kippt und ich liebe es, diese kurzen Momente auszukosten. Man muss da sehr aufmerksam sein, denn das ist die Essenz dieser Art zu Reisen, dieses Zwischendrinsein aus Fernweh und Angekommensein und geht sehr schnell vorbei. Dann juckt es mich in den Beinen, ich blätterte wieder länger in den Straßenkarten, im Lonely Planet; mache mir Notizen, was ich alles auf der nächsten Route sehen möchte und weiß: Ich kann jeden Tag aufbrechen, wenn ich will und das einzige, das mich daran hindert ist die Bequemlichkeit und vielleicht ein leerer Benzintank.