Gondrellplatz, Tram 18

Je weiter wir rauskommen, umso fremdartiger wird ihr Deutsch.
Und wir sind jetzt sehr weit draußen.

Zwei Frauen unterhalten sich, die eine berichtet von ihren großen Problemen im Kopf. Da oben, erzählt sie und tippt sich auf die graue Stirn, passieren Dinge, die dort nicht passieren dürften; sie gehe ja schon in Behandlung, seit ein paar Monaten, aber geholfen habe bisher nichts. Nun probiere sie seit letzter Woche eine ganz neuartige Therapie. Sie mache jetzt gute Fortschritte mit Hypnosefischen.
„Hypnosefische?“, fragt die andere und auch ich schaue neugierig auf und denke, dass es eben nur solche skurrilen dahingeworfenen Alltagsbrocken sein können, weswegen ich immer noch fest daran glaube, dass alle Menschen um mich herum in Wirklichkeit Aliens sind. Wer den Beweis braucht, der setze sich in die Tram 18 Richtung Gondrellplatz: nur Psychonauten und Magnete des Obskuren.
„Die Fische hypnotisieren mich; ich komm da also hin und die bringen mich dann in Trance und holen mich da auch wieder ab; die machen mich voll ruhig. Die Fische arbeiten mit mir, versteht du? Das ist privat, zahlt die Kasse leider nicht.“ Die Gesprächspartnerin, eine angepasste Mittelstandsfrau mit hübschem Gesicht, die aber viel lieber in ihrem Gardena-Katalog blättern würde und nur halbherzig der Fischtherapierten zuhört, sagt: „Ach, ist ja interessant“, in eben diesem Ton wie Menschen jemandem zustimmen, den sie eigentlich für komplett gaga halten und trotzdem größtmöglichstes Interesse heucheln. Und die Tram ruckt und bleibt stehen und ich versuche, so schnell wie möglich Land zu gewinnen.
Mutanten, nichts als Mutanten.

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