Raucherchoreografien

09.11.17, Donnerstag
Alle Raucher im Haus und auch im Haus gegenüber gehen nochmal rauchen, gehen raus auf ihre jeweiligen Balkone, bevor sie in’s Bett gehen. Es ist zehn vor elf Uhr, es ist November und draussen hat sich die Temperatur unter einem gewissen Punkt eingependelt, an dem man sich das Rauchen locker abgewöhnen könnte, wäre da nicht die Sucht und die Routine, das Kleinbeigeben und der Kick und auch die eineinhalb Oktaven tiefergelegte Stimme, alles nur vom Rauchen, wie albern.

Luftkurort, aber in einem ironischen Kontext

Wirklich jede Partei in unserem Sechsparteienhaus raucht und das ist alles in allem ein besonders ironischer Zustand, wenn man bedenkt, dass wir am Ammersee in einem Luftkurort wohnen. Wie die Figuren des Glockenspiels am Marienplatz treten sie in höflicher Regelmäßigkeit auf ihre Balkone; das synchrone Klicken der Feuerzeuge in der Nacht, das synchrone Husten, der synchrone Auswurf, eine eigentümliche Choreografie.

Auf der Durchfahrtstraße rollt Morgens und Abends der Berufsverkehr in Kolonnen durch das Dorf. Bin der festen Überzeugung, dass die Sache mit dem Luftkurort ironisch gemeint sein muß.

Jedenfalls, das Kind aß heute ein Brot mit Frischkäse und mit den durchschnittlichen Verzehrungskünsten eines Vierzehnmonatigen war das Brot zwar nach kurzer Zeit im Magen, über der Lippe blieb jedoch ein akkurat zahnbürstenkopfbreiter Rest Frischkäse kleben. Wir gaben dem Kind den Spitznamen „Frischkäsehitler“. Das Kind war unterdessen maximal unbeeindruckt davon.

Beschließe heute Nacht auf dem Boden zu schlafen. Das half mir vor einiger Zeit mit meinem verspannten Rücken. Morgen werde ich laufen gehen. Diese Kombination finde ich in der deutschen Sprache nachwievor irritierend: laufen gehen. Läuft man da jetzt oder geht man nur?

Deutsche Ausgabe vs. Originalausgabe

Apropos laufen. Ich lese zur Zeit Bernd Heinrichs „Laufen – Geschichte einer Leidenschaft“. Das Buch ist toll aber das Coverdesign der deutschen Ausgabe verursacht jedesmal Gähnen, sobald ich es in die Hand nehme. Warum bekommen das die deutschen Verlage nicht hin, einfach schöne Cover zu gestalten? Auch für die Übersetzung des Titels möchte ich den Verlag glatt ohrfeigen. Das Buch heißt in der Originalausgabe „Racing the Antilope – What Animals Can Teach Us About Running and Life“ und „Why We Run – A Natural History“ in der Taschenbuchausgabe.

Also, ich weiß nicht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.