Nach zwei Monaten zum ersten mal wieder in die Stadt gefahren. Sie ist immer noch da, mit ihren Verlockungen, ihren Appellen für schlechte Gewohnheiten. Sie ist immer noch da, natürlich. Hat all die Nächte über gewartet.
Ich bin auf dem Weg in die Arbeit. Nach zwei Monaten, das erste Mal wieder Innenstadt. Und ich rieche die Stadt wirklich. Nicht die Abgase oder Parfums, den Staub oder den Dreck. Ich rieche seit langer Zeit wieder ihren eigenen Geruch. Ein so eigener, tief versteckter Geruch, wie der Geruch der eigenen Wohnung oder des Elternhauses tief versteckt ist und nur zum Vorschein kommt, wenn man lange genug fort war. Lange genug, damit sich die Fremde zur Heimat entwickelt und die Heimat zur Fremde. Und dann kommt man wieder zurück. So ein Geruch ist das.
Es gibt Veränderungen aber das fällt nicht so auf, weil die Stadt sich ja tagtäglich verändert, quasi stündlich. Der Tabakhändler im Untergeschoss am Sendlinger Tor hat zugemacht. Dort wird umgebaut, alles neu gemacht, Mietverträge neu verhandelt, die Alteingesessenen können sich das nicht mehr leisten. Solche Veränderungen.
Ich mochte den Tabakhändler sehr, ein kleinwüchsiger türkischer Mann mit Brille und Schnauzer, der seinen Tabakkunden stets „gute Gesundheit“ wünschte. Er wusste, wie Geschäfte zu machen sind.
Wir gehen eilig. Wir sind erschöpft. Wir sind gepudert. Wir duften streng. Wir sind abgelenkt. Mein Motor hat das niedrige Drehmoment von jemandem, der eine lange Zeit fort war, auf dem Land, am See, in der Natur. Werde aber nicht unruhig, schaue mir die Hochtourigen einfach an. Überhaupt blicke ich länger und ruhiger in Gesichter, nachdem ich fort war.
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