Ich schreibe sehr gerne auf Papier aber mit Kalendern komme ich nicht klar

(Dies ist die Antwort auf einen Artikel von MaryLeBow.)
Nach etlichen Fehlversuchen habe ich beschlossen, dass Kalender nichts für mich sind. Weder kurz-, mittel- noch langfristig. Das liegt nicht an Kalendern per se. Schließlich können die nix dafür. Vollgedruckt von vorne bis hinten mit Montagen und Dienstagen und dazwischen als einziges Highlight vielleicht mal ein gesetzlicher Feiertag, mal eine Mondphase, zunehmend, abnehmend, Woche für Woche, immer die selbe Leier. Im Grunde sind Kalender arme Schweine.

Ich bin ebenfalls ein Schreibwarenfetischist, aber ich bin einfach kein Kalendertyp. Und das liegt an meiner Art, ziemlich konsequent nicht mit Kategorien umgehen zu können. Das läuft so ab: Zuerst lege ich mir ein Schema zurecht, wie MaryLeBow in ihrem Artikel, so richtig liebevoll mit Hingabe und sich Gedanken machen und so weiter. Bloß mit weniger Stickern. Eine Liste für Bücher, die gelesen werden sollen. Für Filme, die ich sehen möchte. Inspirationen, Blog-Ideen, Trallala. Dann habe ich da also meine Kategorien. Ich bin sehr stolz.

Im Laufe des Jahres passiert ja so einiges aber nichts kommt an das scheissgarantierte Szenario ran, dass eine Kategorie überquillt, während in einer anderen exakt nichts drinsteht. Neue Kategorien tauchen auf, die dann aber keinen Platz mehr haben, neben den leeren Kategorien, von denen ich mir so viel versprochen habe und die mich eh nur noch doof anblaffen. Das macht mir Stress. Und irgendwann im Laufe des Jahres, meist schon kurz vor Ostern, bekomme ich Haarausfall wegen der ganzen Wirrniss. Alles sehr niederschmetternd, sehr.

Nein, ich bleibe bei meinen zwei Moleskine-Journalen und Ulysses, einem ausnahmslos empfehlenswerten Schreibprogramm, aber dazu ein anderes mal vielleicht mehr. Ein schwarzes Journal also, DIN-A5 mit Linien und alles sehr chronologisch, richtiggehend pikobello. Man könnte es „Tagebuch“ nennen aber das ist ein Begriff aus einer Zeit, als es sich noch lohnte Billignummern vorzwählen, insofern lassen wir das. Und ein blankes Journal, das ehemals beige war und jetzt mit einer derart speckigen Patina daherkommt, dass man es einfach nur noch umarmen möchte. Blank ist wichtig, weil contra Formenzwang und contra Linientreue und pro Entgrenzung. Darin wandert der ganze experimentelle Scheiss, Zeichnungen, Texte und Schmierungen. „Plain Journal, 120 plain pages, last 16 sheets detachable, 19x25cm, acid-free paper, inner pocket“ steht auf der Rückseite und das kann man durchaus so stehenlassen.

Beide Journale verfügen am Ende über eine tolle Falttasche, in die man alles stecken kann, was einem im Laufe der Zeit in die Quere kommt und wichtig erscheint: Postkarten, Schnüranleitungen für Sandalen, Zitate von Roland Barthes, Liebesbriefe, Strafzettel, Essensmarken, abgelöste Etiketten von Dosen vietnamesischer Kondensmilch, solche Dinge. Diese Tasche füllt sich im Laufe der Zeit, bis sie in ihrer Vollumfänglichkeit so dick geworden ist, dass das Schreiben auf den Seiten davor immer unebener wird, wenn man nicht jedesmal alles rausnimmt, bevor man schreibt. Ich finde, das ist eine schöne Analogie auf das Leben generell, weil man ja auch mehr und mehr Erinnerungen mit sich herumschleppt, die einen ausbeulen und sich auswirken auf das tägliche Wahrnehmen. Aber das führt jetzt zu weit.

Solches Zeug
Solches Zeug

Zu meinem Schreibgerät gibt es drei Dinge zu sagen: 1) Ich schreibe wenig mit Kugelschreibern. Die haben mir die Handschrift versaut, das nehme ich ihnen übel. 2) Darum schreibe ich mit einem Füllfederhalter und ich hatte früher sogar mal einen von Montblanc, den ich aber aus ziemlich unironischen Gründen verkaufen musste. War ein schönes Teil aber zu viel Prestige. Ausserdem brauchte ich das Geld. 3) Schreibe ich jetzt mit einem sachlichen Lamy-Füllfederhalter mit Kolbenfüllsystem und EF-Spitze. Für die Nerds, das steht für Extra Fein. Damit lassen sich Gedanken sogar auf subatomarer Ebene in’s Papier ritzen. Der Füller liegt super in der Hand, wie ein geschliffenes Bambusrohr. Zumindest stelle ich mir so ein geschliffenes Bambusrohr vor. Manche sagen, sie lieben Füllfederhalter zum Aufziehen wegen der tintigen Fingerspitzen, die man dabei bekommt. Dem Gekleckere. Wegen der unsteten Farbdichte auf dem Papier. Wegen der Federspitze, die sich mit der Zeit einschleift und an einen anpasst. Ich sage das nicht. Ich mag einfach das Wort Füllfederhalter. Wann sagt man das denn heute schon noch?

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