Die Angst der Abgeschlagenen

Das Problem ist doch, dass die meisten Menschen ein total langweiliges Leben führen und nicht akzeptieren, dass sie ein total langweiliges Leben führen. Sie tragen ihr kleines, bescheidenes Dasein in hippen Stoffbeuteln mit sich herum, was absolut okay ist. Aber sie sind frustriert und das schlimme daran ist: Sie nerven mich mit ihrem Genervtsein. (Meta-Genervtsein! Gott, wie ich das hasse!)

Was ist da passiert?

Gut, wir haben eine millionen Dollar schwere Egomarketing-Maschine im Nacken, Apps und soziale Netzwerke, die die Abgeschlagenen den ganzen Tag zuballert und an ihrem Sendungsbewusstsein kitzelt. Die Aufforderung: Macht euch selbst zur Marke, um euch auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten möglichst gewinnbringend zu inszenieren.
Aber Charisma ist nicht der Name für einen neuen Instagram-Filter.

Sich mit anderen zu vergleichen macht nicht glücklich. Jeder, der bei den Bundesjugendspielen scheisse war weiß das. Erst seit wenigen Jahren gibt es Plattformen wie Facebook und Instagram, die mir helfen, anderen Menschen bei ihrem Leben in breiiger Mittelmäßigkeit zuzusehen. Nur, dass sie diesen Teil oft weglassen oder so lange auf HDR in ihrer Foto-App klicken, bis auch das letzte Foto vom Laubsammeln mit den zwei Hauskatzen nach einem irgendwie total intensivem Erlebnis aussieht.

Liegt es an diesen neuen Technologien, weshalb  –  natürlich vollkommen subjektiv –  immer mehr Menschen gefangen sind in einem geladenen Zustand permanenter Unzufriedenheit?

Oder ist es vielleicht unserer Kultur zu verdanken, die zunehmend einen Menschentyp mit stark aussengeleitetem Charakter hervorbringt, der niemals zufrieden mit sich selbst sein kann?

Kurze Info aus der Chefküche

Es absolut in Ordnung ein okayes Leben in dröger Mittelmäßigkeit zu führen; einem Leben in vollumfänglicher Unaufgeregtheit, das als einziges Highlight den Wechsel zu einer neuen Zahnpastamarke bietet. Oder vielleicht sich besonders eloquente Ausreden fürs Zuspätkommen im Büro einfallen zu lassen. Herzlichen Glückwunsch! Ihr seid nicht anders als der Rest von uns. Und das ist gar nicht schlimm.

Zur Verbesserung der allgemeinen Gesamtsituation schlage ich folgendes vor: Legt bitte hin- und wieder euer Smartphone aus der Hand und macht, wenn ihr das nächste mal in der Stadt unterwegs seid etwas total freches, etwas total unerwartetes: lächelt jemanden an.

Ansonsten lasst euch nicht beirren, lebt weiter euer Leben, von mir aus auch in Reue und Demut und verlasst diesen Planeten bitte wieder so, wie ihr ihn vorgefunden habt: verratzt und abgefuckt.

DIE ANGST DER ABGESCHLAGENEN
IN EINER BLOCKIERTEN GESELLSCHAFT, WO JEDER SCHULDIG IST, IST ES DAS EINZIGE VERBRECHEN, SICH ERWISCHEN ZU LASSEN. IN EINER WELT DER DIEBE IST DUMMHEIT DIE EINZIGE UNVERZEIHLICHE SÜNDE.

In einer Kultur der Korruption und der ständigen Simulation will ich unkultiviert sein. Ich will unzivilisiert sein, weil sich Zivilisation zur Krankheit dieses Planeten entwickelt. Ich will wild sein, ich will ungläubig sein und staunend vor den Dingen stehen, weil Glaube Stacheldrähte in den Köpfen zieht.