Kaufe nichts

Ich hasse Einkaufen. Generell, egal ob Lebensmittel oder Kleidung, Topflappen oder Geschirrspühlreiniger. Gäbe es ein Gen, dass sich für eine konsumverweigernde Grundhaltung verantwortlich zeichnet (das Anti-Konsum-Gen sozusagen), bei mir wäre es wohl voll entwickelt. Oder anders: Ich bin der Gestalt gewordene Albtraum aller Marketing- und Werbexperten, nahezu resistent gegen jedwede Form ihrer suchtgenerierenden Beschwörungen und bedarfsugerrierenden Injektionen.

Dabei gehen mir in einem Einkaufszentrum nicht mal so sehr die Menschen auf die Nerven oder die hippe Musik, die trockene Luft der Klimaanlagen, die sterile Umgebung des Kunstlichts oder die nett drapierten Plastik und Pappmaché-Auslagen. Zuallererst bin ich überfordert vom Spektrum der Warenvielfalt. Das erschlägt mich regelrecht und löst bei mir statt Kaufreiz sofortige Abwehrhaltung aus. Das nächste, und dies ist wohl das bedeutende: Dumpfes Werbegeplapper, von jeder Seite artig einmassiert ins Konsumentenhirn, Zielgruppengerecht vorgekaut; Marken-Mantras, bis zur Bewußtlosgkeit wiederholt, die Status und Ideologien transportieren sollen, Viren des Geistes – das nervt mich am allermeisten.

Dann natürlich der Frust: das wenigste passt richtig. Meine Konfektionsgrösse entspricht nicht dem standardkonformen Regelmaß der Zähnegebleichten Waschbrettbauchschönlinge in den Glanzprospekten. Ich bin weder fett oder kleinwüchsig, nur eben einfach nicht Norm.

Ich glaube, die überwiegende Mehrheit der Männer sind strikte Konsumverweigerer. Zumindest was Kleidung betrifft. Möglicherweise ist das auch ein Vorurteil. Aber diese Annahme überkam mich, als ich in einer neu eingerichteten H&M-Dessousabteilung etwas baff nach dort ehemals vorhandenen Männerklamotten suchte. Ich war der einzige Mann. Und als mir aus 27 Frauenaugenpaaren herbe Entgeisterung entgegen blickte, tat ich so, als sei ich auf der Suche nach meiner Freundin und versuchte, recht geschäftig zu wirken. Gott, wo steckt sie denn schon wieder? Das klappte scheinbar auch ganz gut. Nahm ich zumindest an, denn die Frauen beachteten mich nicht weiter.

Die Männerabteilung wurde also in diesem H&M gestrichen, die Märkte passen sich an. Möglicherweise ist sie auch ins Untergeschoss ausgelagert worden, so genau weiß ich das nicht. Mein investigatives Herumschlendern im Einkaufszentrum führte nicht mehr allzu weit und ich war hin und hergerissen. Für den Sommer brauche ich unbedingt noch etwas vernünftiges zum Anziehen, ich besitze quasi nichts gesellschaftlich zumutbares mehr. Nächste Woche – neuer Versuch. Vielleicht hege ich dann mehr Ambitionen und schwelge in den höchsten Höhen der Konsumlust. Wenigstens für eine Stunde. Das würde reichen für ein Paar Schuhe, Hose und Sommerjackett.

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