Erstes Lehrgeld

Barfusslaufen. Kam vorhin von meiner ersten größeren Runde auf Asphalt nach Hause. Mit den Vibrams in den Händen, sozusagen als Notlösung, irgendwas zwischen vier und sechs Kilometern, keine Ahnung, seitdem ich so laufe, lasse ich die ganze Messtechnik daheim. Resultat an diesem leichtbewölkten herrlichen Abend: Zwei dicke Blutblasen unter den Fußballen und vom viertkleinsten Zeh links fehlt ein Stück Haut, das wohl irgendwo nach der Nordic-Walking Damengruppe und noch vor den vollgedämpften Marathonspargeltarzans seinen Widerstand aufgegeben und endgültig kapituliert hat. Keine Prahlerei mit Kriegsverletzungen aber vielleicht helfen die Ratschläge, die ich hier sammeln werde angehenden Barfussläufern. Und ihr erspart euch die eine oder andere Schrunde an den Füssen. Also, hamma wieder was gelernt:

  1. Beim Barfusslaufen sollte man, gerade zu Beginn, wenn die Haut sich an die Belastung noch nicht gewöhnt hat, hin- und wieder stehenbleiben und nachsehen, was da unten eigentlich passiert. Die Füsse sind anfangs gereizt und empfindlich, nach ein paar Kilometern betäubt die Überreizung den sensuellen Eindruck und das, was man fühlt korrespondiert nicht unbedingt mit dem wirklichen Zustand der Fußunterseite. Als ich die ersten Bluttropfen unter mir sah wusste ich das.
  2. Feuchtigkeit + Barfusslaufen = eher weniger gut. Anders gesagt: Vergesst als Anfänger eure Barfusslauftour, wenn es draussen regnet oder die Straßen leicht feucht sind. Schnallt euch dann gleich die Vibrams an oder macht einen auf gemütlich. Immer dort, wo feuchte Haut einer Reibung ausgesetzt wird, bilden sich ganz schnell ganz fiese Blasen. Schon mal ein paar davon in Handtellergröße auf der Fußunterseite gehabt? Yeah, ihr wollt es nicht wissen. Ausserdem kleben an einer feuchten Fußunterseite sämtliche Kieselssteine (die ersten Freunde des Barfussläufers) noch besser fest.
    Mein Fehler heute war, dass ich abwechselnd teils in nasser Wiese (geniales Gefühl), den Rest dann jedoch auf Asphalt lief. Doppelplusungut.

Auf meinem Rückweg hielt ich dann kurz an, um meine Vibrams anzuziehen. Als ich allerdings die ziemliche Sauerei an meinen Füssen in Augenschein nahm (Blut sieht auf Asphalt immer eigenartig hellrot aus), hielt ich es dann doch für angemessener, den letzten Kilometer nach Hause zu gehen, nicht zu laufen. Ich verband mir mit einem geschnorrten Taschentuch notdürftig den kleinen Zeh, damit zumindest kein Dreck in die Wunde gelangte. Das Rauschen in den Blutblasen bei jedem Schritt ignorierte ich. Zu den Schmerzen gesellte sich dann noch eine kreative Vielzahl aller erdenklicher Krämpfe in Zehen und Waden, der Boden war kalt, ich hatte mich noch nicht richtig ausgedehnt und die humpelnde Schonhaltung besorgte den Rest. Und kurz vor meiner Wohnung ist eine Stelle, auf der vom Winter immer noch Rollsplitt ausgestreut ist, schön spitz, das hat bis jetzt noch niemand weggeräumt. Es führt kein Weg dran vorbei, ich nenne es immer „Das Feld der letzten Prüfung“ auf der Reise ins Nirvana der Schmerzfreiheit – wenn man das geschafft hat, ist man mit dem Gröbsten durch.
Den ganzen Rückweg jedoch ging ich mit einem Lachen im Gesicht, ich fand die Angelegenheit irre komisch (über den Teil reden wir noch mal, wenn ich in die ersten Glasscherben gelaufen bin). Selbst Schuld, ich wollte es so, jetzt musste ich halt die Rechnung dafür bezahlen. Ich bin kein Masochist und bei Schmerzen geht mir keiner ab. Aber wer so durch den Park humpelt, geschlagen von Plempemheit und vom Versagen seines Körpers UND dabei lacht, segelt entweder geistig ganz hart am Limit oder hat gerade entdeckt, dass Barfusslaufen genau sein Ding ist.
Oder doch beides.

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