Barfusslaufen. Kam vorhin von meiner ersten größeren Runde auf Asphalt nach Hause. Mit den Vibrams in den Händen, sozusagen als Notlösung, irgendwas zwischen vier und sechs Kilometern, keine Ahnung, seitdem ich so laufe, lasse ich die ganze Messtechnik daheim. Resultat an diesem leichtbewölkten herrlichen Abend: Zwei dicke Blutblasen unter den Fußballen und vom viertkleinsten Zeh links fehlt ein Stück Haut, das wohl irgendwo nach der Nordic-Walking Damengruppe und noch vor den vollgedämpften Marathonspargeltarzans seinen Widerstand aufgegeben und endgültig kapituliert hat. Keine Prahlerei mit Kriegsverletzungen aber vielleicht helfen die Ratschläge, die ich hier sammeln werde angehenden Barfussläufern. Und ihr erspart euch die eine oder andere Schrunde an den Füssen. Also, hamma wieder was gelernt:
- Beim Barfusslaufen sollte man, gerade zu Beginn, wenn die Haut sich an die Belastung noch nicht gewöhnt hat, hin- und wieder stehenbleiben und nachsehen, was da unten eigentlich passiert. Die Füsse sind anfangs gereizt und empfindlich, nach ein paar Kilometern betäubt die Überreizung den sensuellen Eindruck und das, was man fühlt korrespondiert nicht unbedingt mit dem wirklichen Zustand der Fußunterseite. Als ich die ersten Bluttropfen unter mir sah wusste ich das.
- Feuchtigkeit + Barfusslaufen = eher weniger gut. Anders gesagt: Vergesst als Anfänger eure Barfusslauftour, wenn es draussen regnet oder die Straßen leicht feucht sind. Schnallt euch dann gleich die Vibrams an oder macht einen auf gemütlich. Immer dort, wo feuchte Haut einer Reibung ausgesetzt wird, bilden sich ganz schnell ganz fiese Blasen. Schon mal ein paar davon in Handtellergröße auf der Fußunterseite gehabt? Yeah, ihr wollt es nicht wissen. Ausserdem kleben an einer feuchten Fußunterseite sämtliche Kieselssteine (die ersten Freunde des Barfussläufers) noch besser fest.
Mein Fehler heute war, dass ich abwechselnd teils in nasser Wiese (geniales Gefühl), den Rest dann jedoch auf Asphalt lief. Doppelplusungut.
Auf meinem Rückweg hielt ich dann kurz an, um meine Vibrams anzuziehen. Als ich allerdings die ziemliche Sauerei an meinen Füssen in Augenschein nahm (Blut sieht auf Asphalt immer eigenartig hellrot aus), hielt ich es dann doch für angemessener, den letzten Kilometer nach Hause zu gehen, nicht zu laufen. Ich verband mir mit einem geschnorrten Taschentuch notdürftig den kleinen Zeh, damit zumindest kein Dreck in die Wunde gelangte. Das Rauschen in den Blutblasen bei jedem Schritt ignorierte ich. Zu den Schmerzen gesellte sich dann noch eine kreative Vielzahl aller erdenklicher Krämpfe in Zehen und Waden, der Boden war kalt, ich hatte mich noch nicht richtig ausgedehnt und die humpelnde Schonhaltung besorgte den Rest. Und kurz vor meiner Wohnung ist eine Stelle, auf der vom Winter immer noch Rollsplitt ausgestreut ist, schön spitz, das hat bis jetzt noch niemand weggeräumt. Es führt kein Weg dran vorbei, ich nenne es immer „Das Feld der letzten Prüfung“ auf der Reise ins Nirvana der Schmerzfreiheit – wenn man das geschafft hat, ist man mit dem Gröbsten durch.
Den ganzen Rückweg jedoch ging ich mit einem Lachen im Gesicht, ich fand die Angelegenheit irre komisch (über den Teil reden wir noch mal, wenn ich in die ersten Glasscherben gelaufen bin). Selbst Schuld, ich wollte es so, jetzt musste ich halt die Rechnung dafür bezahlen. Ich bin kein Masochist und bei Schmerzen geht mir keiner ab. Aber wer so durch den Park humpelt, geschlagen von Plempemheit und vom Versagen seines Körpers UND dabei lacht, segelt entweder geistig ganz hart am Limit oder hat gerade entdeckt, dass Barfusslaufen genau sein Ding ist.
Oder doch beides.
Soweit bin ich dann doch noch nicht. Da hier die meisten Strecken mit Schotter bedeckt sind und das auch schon teilweise ein verschmerztes Grinsen hervorruft, lasse ich besser noch meine Vibrams an.
Wusstest Du, dass wir in den Füssen genauso viele Nerven haben wie in Fingern und Lippen. Kein Wunder also, dass man sich erst an das wahre Barfusslaufen gewöhnen muss.
Über Schotterpisten würde ich mich auch noch nicht trauen. Ich habe, genau so wie du, auch zuerst mit den Vibrams angefangen. Allerdings habe ich festgestellt, dass mir die Fußgelenke weitaus weniger schmerzen (nämlich gar nicht), wenn ich barfuss Laufe (?!). So genau konnte ich mir das bis jetzt noch nicht erklären, aber vielleicht setzt mein Fuß in meinen Vibrams einfach noch zu sehr „Laufschuhstyle“ auf, da er sich sicher fühlt; jedenfalls las ich öfter diesen den Tip auf anderen Barfusslaufseiten: Erstmal ganz barfuss anfangen, damit sich die Haltung entsprechend anpasst. Die Haut, bzw. deren Reizung soll dann als Indikator dienen, wann man sein Limit erreicht hat.
Barfusslaufen? You are so crazy boy… ;).
Dankeschön! Ich fasse das als Kompliment auf.
Heute Abend werde ich es doch mal probieren barfuss zu laufen. Habe gelesen, dass man irgendwann so ’ne richtige Schwarte unter den Füssen bekommt. Ausserdem spart man sich das bearbeiten der Hornhaut 😉
Wünsch dir auf jeden Fall viel Spaß. Berichte bitte, wie es gelaufen ist. Und pass auf Glasscherben auf. (Du wirst Kieselsteine lieben lernen.)
So, bin wieder zurück. 2000 Schritte Barfuss. Die ersten in meinem Leben auf Straße und Gehwegen. Es hat Spaß gemacht, auch wenn Splitt einen lustig tänzeln lässt. Die VFF musste ich dann doch wieder anziehen, nachdem sich immer mehr Haut von meinem vierten rechten Zeh gelöst hatte. Den Schmerz hatte ich unter Kontrolle, nur wollte ich nicht ganz ohne Haut wieder nach Hause. Und ich hatte ja noch 9km vor mir (unter anderem Schotter, brrr). Ich werde es wohl bald wieder tun 🙂
Das Barfusslaufen hat meine Füsse sensibler gemacht. Selbst mit VFF habe ich den Untergrund besser gespürt. Gelaufen bin ich danach auch irgendwie anders. Es fühlte sich leichter an.
Gratulation! Aber 9 Kilometer sind ganz schön heftig. Der vierte Zeh scheint ein neuralgischer Punkt zu sein, war bei mir auf der linken Seite genauso.
Hattest du das Gefühl, dass deine Füße nach dem Lauf angeschwollen sind?
Nö, den Füssen ging es prima, bis auf den Zeh, der im Schuh klebte.
Die längste Strecke in VFF war bei mir 23 Kilometer lang. Bei meinem ersten Marathon Ende Juli werde ich versuchen sie durchweg zu tragen.
Und du hast bei dem Laufpensum keine Probleme mit den Gelenken oder Sehnen bekommen? Wenn man sein Leben lang nur mit gedämpften Schuhen gelaufen ist und die Muskulatur dementsprechend unterentwickelt ist, ist die Belastung schon enorm. Aber wenn’s bei dir klappt, warum nicht. Bist du bis jetzt über die Ferse- oder den Mittel / Vorderfuß gelaufen?
Naja, im Moment komm ich meist leider nur ein bis zwei Mal die Woche zum Laufen.
Vor den VFF bin ich knapp 2 Jahre mit Laufschuhen gelaufen. Die Umstellung aufs VFL bzw. MFL war hart, im wahrsten Sinne des Wortes. Nach meinem ersten Lauf lief ich fast zwei Wochen wie ein alter Mann. Die komplette Umstellung bis hin ohne Schmerzen auch 20km zu laufen hat ungefähr 3 Monate gedauert.
Seither mag ich nur noch VFL. Auch in meinen Nike LunarGlide laufe ich nur noch auf dem Vorfuss.
Wie läufst Du eigentlich Bergab? Auf dem Vorfuss oder über die Ferse?
Das war die ersten Wochen nach der Umstellung bei mir ähnlich. Konnte nach jedem Training kaum noch geradeaus laufen. Da sieht man sehr gut, wie einseitig, bzw. wenig trainiert bestimmte Muskelgruppen sind.
Bergab trete ich barfuss mit dem Mittelfuß auf, also fast flach; oder aber auf dem Vorderfuß, da hab ich kein festes Schema.
Ich will auch nicht zurück zum Fersenlaufstil; wenn man den Vergleich hat merkt man erstmal, wie sehr das einen zusammenstaucht.