Seit gut drei Jahren laufe ich mit nichts oder ziemlich wenig unter der Fußsohle. Barfuß, in Minimalschuhen, wie z.B. von Vivobarefoot oder den Vibram FiveFingers. Mittlerweile gehören dazu auch ein Paar Huaraches ((„Hualaches“ ausgesprochen, wie mir ein mexikanischer Kommilitone versicherte)) von Luna Sandals.
Letztes Jahr bestellte ich mir drüben bei Barefoot Ted’s kleiner Schmiede ein DIY-Kit und eine fertige Sandale, die Original Huarache, die Einfachste aus dem Sortiment, ohne viel chichi. Ein Stück Sohlengummi, ein Loch zwischen erster und zweiter Zehe, ein Lederriemen, mehr nicht.
Am Anfang war es gewöhnungsbedürftig, vor allem mit der Schnürtechnik musste ich viel experimentieren. Schnürt man sie gemütlich locker, rutscht der Fuß auf der Sohle hin und her. Schnürt man sie zu fest, dann reiben die Riemen. Der Trick ist, dass man genau das richtige Mittelmaß finden muss – in meinem Fall also eher etwas lockerer, sodass die Riemen nicht bei jedem Schritt in’s Fleisch schneiden.
Das Beste an der ganzen Sache: Es gibt nicht DIE einzig wahre und richtige Schnürtechnik, es gibt unzählige und für jeden funktioniert sie etwas anders. Auf der Seite von Luna Sandals findet man ein paar hilfreiche Anleitungen. In diesem Video zeigt Patrick Sweeney zum Beispiel die von ihm Bevorzugte. Ist zwar etwas aufwendiger, sitzt aber bombenfest und ist absolut Wettkampftauglich:
Ebenso wie die von Randy Kreill, der damit ziemlich flott bei Marathons unterwegs ist:
http://www.youtube.com/watch?v=e9-QJLoxch4
Ich persönlich bevorzuge die absolut klassiche Variante, die vor allem noch genug „Backup-Riemen“ übrig lässt, sollte während langer Strecken das Band mal reissen:
Vor allem bei sehr langen Läufen rieb mich bis jetzt der Riemen spätestens nach 10 Km so dermaßen zwischen den Zehen auf, dass ich vor lauter Blasen in den nächsten Tage kaum gerade gehen konnte – als verzärtelter europäischer Kulturbürger kam man schließlich niemals dazu, die Robustheit mittelamerikanischer Indianerfüße zu entwickeln.
Ich experimentierte also damit, die Stelle zunächst mit Pflaster abzukleben, was nicht gut funktionierte. Das Pflaster verrutscht mit der Zeit und verursacht bloß noch mehr Reibung. Ich fettete die Stelle mit Vaseline ein, was nur die ersten Kilometer hält. Vaseline ist zwar schön schmierig, wird aber sehr schnell weggerieben.
Was letztendes wirklich gut half, waren zwei Dinge: Die Schnürung generell nicht zu fest zu machen und für wirklich sehr lange Läufe Hirschtalg zwischen die Zehen reiben.
Die bei meinen Sandalen mitgelieferten Lederriemen sind ausserdem nicht rund sondern flach. Überall dort, wo die kantige Seite fest aufliegt und das Material nicht mehr nachgeben kann, gibt’s Reibungsstellen. Hat man jedoch erstmal den Grad der Lockerheit raus und wird das Leder mit der Zeit weich, gibt es keine Probleme mehr. Mittlerweile laufe ich am liebsten nur noch mit Sandalen, auch wenn mich die Menschen, besonders in der Stadt wahrscheinlich für komplett bescheuert halten.
Ihr könnt die Schlappen mittlerweile auch fertig direkt über die Website von Luna Sandals bestellen (Affiliate-Link).
Hier habe ich euch mal eine Playlist mit Videos von verschiedenen Schnürmethoden zusammengestellt:
Nun ist nach knapp 100 Kilometern jedoch mein erstes Paar Laufsandalen durch. Das ging tatsächlich schneller als erwartet.
Ich hab euch mal ein paar Fotos der Sandalen gemacht. Die Sohle selbst wäre noch total ok. Allerdings ist die Lochumrandung durchgebrochen. Das passierte, als ich längere Zeit über Schotterwege lief und ein paar mal fest auf ein paar spitze Steine genau an der Stelle trat, wo die Schnürung durch die Sohle kommt.
Das an sich wäre jedoch auch nicht das Problem. Luna Sandals hat versucht, den Knoten unter dem Zeh zu versenken, indem sie eine Vertiefung in die Sandale bohrten. Zur Verstärkung liegt dort ein kleiner Plastikring drin. Das ist komfortabel, führt aber dazu, dass a) die Sohle an dieser Stelle bloß noch halb so dick ist und von den ursprünglichen 4 Millimetern nicht mehr viel übrig bleibt, und b) der Plastikring nun durch die Sohle gebrochen ist und jedesmal, wenn man z.B. auf einen Stein tritt, ziemlich böse gegen die Unterseite des großen Zehs drückt. Alles in allem also: Ende Gelände. Eine neue Sandale muss her.
Und darum werde ich mich heute, in gemütlicher Heimarbeit hinter meine Werkbank zurückziehen und mir ein neues Paar schnitzen.
Hallo Sebastian,
ich hab‘ auch vor diesen Sommer mit Sandalen laufen zu gehen. Dein Bericht hat mich nur noch neugieriger gemacht. Hat der Versand aus den USA nach Deutschland problemlos funktioniert?
PS: Ein kleiner Typo ‚geborchen‘ >> ‚gebrochen‘. Nicht das ich besonders gut schreiben könnte, doch bei Deinen sonst perfekten Texten ists mir halt aufgefallen 😉
Danke – korrigiert!
Der Versand hat soweit problemlos funktioniert. Allerdings war die Lieferung ganze zwei Monate (!) unterwegs. Günstigste Versandmethode per USPS (wahrscheinlich Schiff) und werweißwielange Bearbeitungszeit beim deutschen Zoll. Mittlerweile versendet Luna Sandal auch kostenlos in’s Ausland, wenn ich das recht in Erinnerung habe – du musst nur notfalls Geduld mitbringen.
Es gibt allerdings sehr sehr gute Alternativen: Steven Sashen drüben von http://www.invisibleshoe.com macht ebenfalls sehr gute Laufsandalen. Das Besondere bei ihm liegt an der Sohle, er verwendet einen etwas flexibleren Gummi mit gröberem Profil; ansonsten den Luna Sandals sehr ähnlich.
Zweite Alternative: Der Trick von Huaraches liegt in ihrer Einfachheit. Geh einfach mal zu einem Schuster in deiner Nähe und frag nach Sohlengummiplatten. Gibt’s quadratmeterweise für ein paar Euro. Noch eine Kordel, eine Hanfschnur oder eben einen Lederriemen und du hast dir im Nu die wunderbarste Laufsandale in Eigenkomposition gemacht.
Und noch dazu unschlagbar günstig.
Vielleicht probiere ich es einfach mal selbst. Mal sehen, welchen Sohlengummi man so vor Ort bekommt.
Um die Reibung zwischen den Zehen zu vermeiden, könnte man evtl. auch ein kleines schmales Stück Schlauch über die Kordel ziehen, so habe ich das zumindest schon bei einigen FlipFlops gesehen.
Ich laufe selbst schon seit ein paar Monaten mit Sandalen, hab auch ein Paar Lunas. Dachte ja am Anfang, dass das überhaupt nicht bequem ist. Aber mal ganz ehrlich: DAS ist das beste, das ich jemals an den Füßen hatte!
Meine sind zwar nicht zum Schnüren sondern mit so einer Schnalle…
http://luna-sandals.de/produkte/mono/
… ist aber auch viel schneller anzuziehen.
Und meinen ersten Halbmarathon hab ich damit auch schon hinter mir. 😉
Vielen Dank für deinen super Testbericht!
Vielen Dank für den Bericht. Ich hab im letzten Jahr mit dem Barfußlaufen begonnen und meinen ersten Halbmarathon mit vivobarefoot gelaufen. Dann – weil das Gefühl so toll war – es aber übertrieben und mir einen Ermüdungsbruch zugezogen.
Die Fußmuskulatur bei uns Mitteleuropäern braucht halt doch mehr Training.
Deshalb an alle Anfänger: LANGSAM beginnen, obwohl man relativ bald spürt, dass dies die einzig richtige Art zu laufen ist!
Jetzt laufe ich nur mehr in den Venados von Barefoot Ted und spüre, wie meine Zehenmuskulatur immer stärker wird. Und das ATS-Lacing System finde ich ziemlich genial. Nach ein bisschen herumprobieren rutscht, drückt ubnd scheuert überhaupt nichts mehr.
Schöne Grüße aus Wien.
Thomas
Hallo,
meine solerunner werden mir aktuell zu warm am Fuß und die fivefinger sind auch nicht besser. Da ich noch nicht die benötigte Abhärtung an der Fußsohle habe, die man für die Schotterwege auf denen ich unterwegs bin braucht, wollte ich auch mal die Huaraches versuchen.
Hier gibts die recht günstig in DE und schnell verschickt:
http://www.chalasandals.de/deine-chala
Scheint ne Vibram Sohle zu sein, die kamen in einem Vibram Fivefinger Karton. Verarbeitung für den Preis ist gut und die Sohle hat ganz stumpf löcher, nix mit Verstärkung, oder so.
Hab mir grade noch ein Experten Kit bestellt und bastel mir daraus mal ne 7 Loch Schnürung (Kreuszschnürung oder so) mit Lederriemen.
Kleiner Nachtrag:
die Standard Sohlen sind mit 3mm zu dünn, um damit Trailrunning zu machen, ahbs am WE getestet über 10km.
Dass man viel von dem Untergrund spürt bei 3mm stört mich nicht, das ist sogar gut so. Allerdings werden die nass etwas „labberig“, sodass bei höherem Gras, oder kleinen Ästen, die einem vorne anschlagen den vorderen Bereich unter den Zehen nach unten umklaptt und man drauf tritt, wenn man seinen Schritt nicht anpasst.
Auf Schotterwegen, oder sogar Asphalt ist alles OK.
Denke da wird auch die Kreuzschnürung mit 7 Löcher nix dran ändern.
Jetzt wirds zwar teuer, aber aktuell bieten die eine Sohle speziell zum laufen an, die 5,5mm dick ist. Das kostet dann zwar ca 70 EUR aber ich denke damit sollte das Problem gelöst sein. Allerdings sind die komischerweise limitiert auf 250 Stück, warum auch immer.
Die beiden 3mm Sohlen nehm ich dann für den Alltag, oder kurze Läufe die nicht quer durch die Botanik gehen, habe die Teile leiben gelernt in nur zwei Tagen. Barfußlaufen in der Stadt, oder auf Schotterwegen kann schon ganz schön schmerzhaft und nervig sein (scharfer Rollsplit geht ja noch, der tut nur weh, aber kleine Scherben sind einfach nur böse). Die Teile schützen grade genug, ohne das Gefühl für den Boden zu verlieren und sind nicht so warm wie meine Solerunner.
Danke für deinen kurzen Testbericht, Stefan. Ich hatte mit den sehr dünnen Sohlen der Xero-Shoes die selben Erfahrungen gemacht, was das Umklappen und die Lapprigkeit betrifft.
Vielleicht kannst du – nach hundert Kilometern Asphaltwüste – was zur Haltbarkeit der Chalas sagen. Bei ein paar Läufern aus meinem Bekanntenkreis habe ich gesehen, dass nach sehr kurzer Zeit entweder der Knoten durch die Sohle gerissen ist oder er sich schnell kaputtgerieben hat.
Wäre toll, da noch ein Feedback von anderer Stelle zu bekommen.
Hallo,
wenn niemand anderes was sagt, dann gebe ich nochmal Feedback.
Die klassischen Chala hab ich jetzt bestimmt 300 km getragen und wie beschrieben zieht sich der Knoten nach oben, zwischen die Zehen und hat daher quasi null Abnutzung. Stört auch nicht zwischen den Zehen.
Aber die hab ich nur noch bei normalen Tempo genutzt, also Freizeit. Zum laufen im Wald (also schneller als 6min pro Kilometer) hab ich die Chala run vegan genommen. Da kommt deutlich weniger vom Boden an, aber wenn’s steinig und spitz wird, kommt’s durch. Nach 170 km (aufgezeichnet und gekennzeichnet im GPS tracker) hat sich die Sohle gut an meinen Fuß angepasst und ich komme auf leichten trails gut damit zurecht.
Da der Knoten kein Stück in die Sohle hochgezogen wird, dafür ist die zu dick und fest, ist die Abnutzung sehr hoch, der Knoten ist halb weg. Man spürt den Knoten aber nicht beim laufen.
Wenn es echt steil und steinig wird kommen die Chala run vegan, für mich aktuell, an die Grenze. Daher hab ich mir jetzt die Luna Leadville geholt und der Grip auf beiden Seiten der Sohle ist unglaublich gut. Die Schnürung ist auch sehr angenehm und gibt sicheren halt, besser als die klassische Variante. Gefühl für den Boden ist natürlich noch weniger da, wegen der dickeren Sohle. Aber wenn’s steil, steinig und lang wird findet man das dann doch irgendwann gut.
Hallo zusammen, auch ich laufe seit 2 Wochen mit den Luna Sandals Leadville und bin super zufrieden. Heute bin ich 8 km meine Feierabend Runde gelaufen und habe mir an beiden großen Zehen eine Blase gelaufen. Da muss sich wohl mein Fuß noch etwas anpassen. Aber im großen und Ganzen bin ich super zufrieden und es ist ein wunderbares Laufen.
Auf welcher Seite der Zehen hast du dir die Blasen gelaufen, Stephan?
Unten wo die Zehen die Oberfläche der Luna’s berührt