Über die zweifelsfrei wohltuende Wirkung eines Stuhlgangs (aber nur bei einem selbst)

Wir Menschen haben schon ein recht ambivalentes Verhältnis, was das sekretieren von Fäkalien betrifft. Oder anders ausgedrückt: Das Scheißen stimmt mich nachdenklich. (Über derbe Sachthemen schreibt man am Besten Frühmorgens, wenn der Verstand sich noch nicht ganz eingerenkt hat). Interessanterweise machte ich diese Feststellung, als ich ein junges Pärchen in der Trambahn beobachtete, was ja jetzt nicht unbedingt primär etwas mit Exkrementen zu tun hat.

Die beiden standen auf, warteten an der Tür, er dicht hinter ihr; beide trugen Jogginghosen, seine Hand glitt herab über ihren Popo, tätschelte ihn leicht. Das gefiel mir, wie schön wenn zwei sich lieben. Jedoch blieb seine Hand nicht dort, sie rutschte weiter zwischen ihre Pobacken und dann noch ein kleines Stückchen weiter nach unten, wo er sie langsam zu kneifen begann. Jetzt bin ich weiß Gott nicht bieder aber in diesem Augenblick war mir diese eindeutig sexuell konnotierte Geste einfach irgendwie zu penetrant, ja richtiggehend zuwider.

Nun ist das ja nichts magisches, was dort passierte. Menschen machen das öfter, sich an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Tageszeiten in den Schritt zu fassen; für junge Paare ist das nichts aussergewöhnliches, wenn auch nicht unbedingt in der Öffentlichkeit. Michael Jackson machte das praktisch permanent. Mit dem Unterschied, dass Jacko demonstrativer Selbstbegrapscher war und für seine Show Millionen kassierte. Na jedenfalls: Was beim Anblick der Anderen irritiert, ist für einen selbst nicht weiter schlimm, im besten Falle sogar angenehm. Und damit musste ich unweigerlich an das Kacken denken.

Die Defäkationshaltung ist eine Demutshaltung

Ist es für einen selbst nicht ein heilsbringendes Gefühl richtig aufs Klo gehen zu können? Was für eine Wohltat kann ein ordentlicher Schiss sein, wenn nichts drückt und schmerzt und alles flutscht wie man will. Was für eine Erleichterung, endlich in seiner Not zu dürfen, wenn man dringend muss. Aber: bloß bei einem selbst. Denn wird man mit dem Kacken der Anderen konfrontiert, rümpft man gleich die Nase und wird von einem basalen Ekelgefühl geschüttelt. Ist es nicht widerlich, auf eine öffentliche Toilette zu gehen und der akustischen Klangvielfalt aus der nächsten Kabine lauschen zu müssen, während der Nebenmann schwer mit der Absonderung von Verdauungsprodukten beschäftig ist? Von den olfaktorischen Eindrücken ganz zu schweigen. Was bei einem selbst also hui ist, ist bei anderen pfui — jeder riecht seinen eigenen Scheiß halt am Liebsten.

So, und während Sie nun vielleicht noch etwas über dieser Feststellung ihre Gedanken kreisen lassen – was für eine höhere Bedeutung das eventuell für das Sein, für die Gesellschaft und alle anderen Dinge im Universum haben könnte, etc. –  gehe ich jetzt erst mal ganz gepflegt auf die Toilette und lasse Sie mit diesem kleinen Knittelvers allein zurück.

„Alle stecken bis zum Hals in Scheiße.
Ausser Reiner,
der ist kleiner.“

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