Richtungswechsel. Die Sachen sind gepackt, Wasserkanister und Benzintank sind gefüllt. Morgen früh gehts hoch in den Norden. Und das heißt nicht, wie in Europa, es geht in die Kälte. Nach Norden heißt hier Richtung Äquator. Und das heißt, dass es warm wird. Ausserdem klopft der Sommer allmählich an der Tür.
Northland & Bay of Island sind meine nächsten Ziele an der nördlichsten Spitze Neuseelands. Von Hamilton nach Whangarei sind es gut 300 Kilometer, also nicht übermäßig weit. Die Region Auckland lasse ich erstmal links liegen, vielleicht komme ich später noch darauf zurück. Wegen der Städte bin ich in erster Linie nicht hier. Dort oben habe ich mir an der Ostküste eine Macadamiafarm rausgesucht, die ab nächster Woche Hilfe benötigen, vielleicht komme ich dort unter. In drei bis vier Wochen werde ich auf meiner Rückfahrt kurz in Hamilton anhalten, um ein Paket abzuholen, auf das ich warte (die Dinger brauchen eine halbe Ewigkeit bis hierher). Vielleicht besuche ich dann die Buddhisten in Coromandel, aber diese Ecke habe ich ja schon ein wenig kennengelernt. Meine Zeit auf der Insel ist begrenzt und es gibt so viel neues zu sehen, dass ich jeden Tag woanders sein könnte. Und hinter jedem nächsten Hügel liegt ein weiteres Abenteuer.
Ein Wort zu den Temperaturen. Der Frühling kriecht hier so langsam aus sämtlichen Opossumerdlöchern und schickt eine Sonne voraus, die, was die Intensität betrifft, einfach nur noch abartig ist. Neuseeland ist das Land mit der höchsten Hautkrebsrate und mir wurde von vielen gesagt, dass ich mit der Sonne bloß aufpassen solle, immer fleissig cremen, Lichtschutzfaktor 50+x. Ozonloch hurra. Das konnte ich mir schlicht nicht vorstellen. Es ist erst Frühling und die Sonne, wenn sie denn mal rauskommt, ballert einem derart heftig auf Hirn, dass man das Platzen der obersten Hautschicht mit ansehen kann. Ich saß heute für acht Minuten (ich habs gemessen) in der Sonne und hab einen Sonnenbrand auf der Nase! Acht Minuten! Sonnenbrand! Im Frühling! Wie das hier im Sommer werden soll, will ich mir gar nicht vorstellen. Insofern ist die Idee, jetzt erstmal nach Norden zu fahren bevor es dort richtig richtig heiß wird, eine gute Lösung.
Noch fühlt sich eigenartig an, dieses Leben in der Fremde. Fremdsein, in der Fremde sein. Mein Auto als temporäres Zuhause. Ich bin diese Art zu Leben und zu Reisen noch nicht gewöhnt und erst jetzt komme ich so langsam wirklich in Neuseeland an. Ein eigenartiges Gefühl, heute nicht zu wissen, was das Morgen bringt und wohin einen die Straße führen wird. Etwas Melancholie schwingt da mit, aber es ist definitiv ein gutes Gefühl, ein spannendes Gefühl. Solange Benzin im Tank ist hinzufahren, wohin einen die Winde treiben.
In mir arbeitet es.